Finanzmarkt: Angst vor globaler Flaute wächst

Zuversicht schaut anders aus. An der Wall Street wächst die Sorge.
Zuversicht schaut anders aus. An der Wall Street wächst die Sorge.(c) APA/AFP/GETTY IMAGES/Drew Angere
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Die US-Börsen steuern auf den schlechtesten Dezember seit 1931 zu. Die meisten Experten erwarten noch keine Rezession, doch weisen viele Konjunkturindikatoren nach unten.

Wien. Auch wenn sich die Anleger am Dienstag wieder zögerlich aus der Deckung trauten, gibt es heuer wohl keine Jahresendrallye mehr. Im Gegenteil: Laut dem Finanzinformationsdienst CNBC steuern die beiden US-Indizes Dow Jones und S&P 500 auf die schwächste Dezemberperformance seit der „Großen Depression“ im Jahr 1931 zu. Beide US-Leitindizes haben im letzten Monat des Jahres bis dato etwa sieben Prozent verloren. Seit Monatsanfang liegen zudem alle 30 Dow-Jones-Werte im Minus.

Damit dürften die US-Börsen auch das Gesamtjahr negativ abschließen. Bei den meisten Börsen in Europa und den Schwellenländern müsste sich schon ein Wunder ereignen, damit das nicht passiert. Indizes wie der Wiener ATX, der Frankfurter DAX oder der EuroStoxx 50 haben seit Jahresbeginn längst zweistellig nachgegeben.

Politische Krisen in Europa

In Europa sind die politischen Risken auch zahlreicher als in den USA. Sie reichen von den Budgetproblemen Italiens über den noch immer offenen Ausgang des Brexit bis hin zur wachsenden Ausgabefreudigkeit der französischen Regierung angesichts der Gelbwesten-Proteste.

Die asiatischen Börsen schlossen auch am Dienstag tief im Minus: Börsianer zeigten sich darüber enttäuscht, dass Chinas Präsident, Xi Jinping, in einer Rede zum 40-Jahr-Jubiläum der chinesischen Reform- und Öffnungspolitik keine neuen Initiativen zur weiteren Öffnung der weltweit zweitgrößten Volkswirtschaft angekündigt hat.

All das wirft die Frage auf: Handelt es sich bei den gegenwärtigen Kursrutschen an der Börse bereits um die Vorboten der nächsten Rezession? Die meisten Experten erwarten eine solche in den USA kaum vor 2020. Dennoch: Von der Konjunktur kamen zuletzt einige beunruhigende Signale, die die Börsianer nicht gerade zuversichtlich stimmten. Eines ist der Sinkflug des Ölpreises: Die US-Sorte West Texas Intermediate (WTI) kostete am Dienstag erstmals seit September 2017 zeitweise wieder weniger als 50 Dollar (44,09 Euro) pro Fass. Am Dienstagvormittag fiel der Ölpreis kurzzeitig sogar unter 48 Dollar. Ende Oktober musste man noch 75 Dollar für ein Barrel berappen.

Ein Grund ist freilich das nach wie vor starke Angebot: Auf dem Markt herrscht große Skepsis, ob das Ölkartell Opec und mit ihm verbündete Förderstaaten ihre Tagesproduktion wie verabredet tatsächlich um 1,2 Millionen Barrel senken werden. Die geringere Förderung ist für kommendes Jahr vereinbart worden, um den jüngsten Ölpreisverfall zu stoppen. Hinzu kommt, dass das Rohölangebot aus den USA weiter gestiegen ist. Zuletzt hatten die Ölausfuhren die Einfuhren übertroffen und die USA erstmals seit Langem zu einem Nettoexporteur von Erdöl werden lassen. Doch sorgt man sich auch um die Nachfrage: Ein schwächeres Wirtschaftswachstum hätte einen geringeren Bedarf an Rohöl und Ölprodukten wie Benzin zur Folge.

Deutsche Manager in Sorge

Auch aus Deutschland kommen diesbezüglich beunruhigende Signale. Der vom Münchener Ifo-Institut ermittelte Geschäftsklima-Index fiel im Dezember den vierten Monat in Folge auf ein neues Zweijahrestief. Führungskräfte bewerteten sowohl ihre Geschäftslage als auch die Aussichten für die kommenden sechs Monate schlechter als zuletzt. „Es fehlt derzeit am nötigen Rückenwind für die deutsche Wirtschaft“, sagte Thomas Gitzel, Volkswirt bei der VP Bank, zu Reuters. Das deute zwar noch auf keine Rezession hin, der Aufschwung scheine aber an Altersschwäche zu leiden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.12.2018)

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