Der US-Sicherheitsberater auf Beruhigungsmission in Israel

Gespräche mit besorgten Partnern: John Bolton in Israel.
Gespräche mit besorgten Partnern: John Bolton in Israel.REUTERS
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John Bolton sichert dem israelischen Premier zu, dass es zu keinem überstürzten US-Truppenabzug in Syrien kommen werde.

Jerusalem. Nichts wird so heiß gegessen, wie es gekocht wird, schon gar nicht, wenn es aus der Küche von US-Präsident Donald Trump kommt. US-Sicherheitsberater John Bolton beruhigte die über den von Trump geplanten Truppenabzug aus Syrien aufgeregten Gemüter in Jerusalem im Verlauf seines Besuchs bis Montag. In jedem Fall solle, noch bevor die Soldaten ihre Rucksäcke packen, „die Sicherheit Israels und unserer Freunde in der Region garantiert sein“, erklärte er nach Beratungen mit Israels Regierungschef, Benjamin Netanjahu.

Die Beziehungen zwischen dem Weißen Haus und Jerusalem seien, so fügte er seiner Mission entsprechend hinzu, „die besten in unserer Geschichte“. Netanjahu nutzte die Gelegenheit, um die USA und überhaupt „alle Staaten“ dazu aufzufordern, „die Souveränität Israels über die Golanhöhen“ anzuerkennen, die für die Sicherheit des Landes „von extremer Bedeutung“ seien. Israel hat die während des Sechs-Tage-Kriegs eroberten Golanhöhen Ende 1981 annektiert.

Trumps Ankündigung kurz vor Weihnachten, die rund 2000 in Syrien stationierten US-Truppen abzuziehen, hat in Israel Alarm ausgelöst. Hauptsorge ist, dass sich die iranischen Revolutionsgarden in dem entstehenden Vakuum ausbreiten werden. Man habe gehofft, dass Washington einen Gegenpol zu Moskau bilden würde, das in Syrien über die vergangenen Jahre großen Einfluss gewonnen hat.

Dies ist „das Ende der Liebesaffäre“, kommentierte Jaron London in „Jediot Achronot“. Nun zeige sich, dass Israel nur „ein militärischer Vorposten“ sei, „ein Testfeld für amerikanische Waffen“. Ähnlich enttäuscht über das Weiße Haus zeigte sich Emmanuel Navon von der „Times of Israel“. Die Entscheidung Trumps, „Amerikas Verbündete im Stich zu lassen“ sei ein „strategischer und moralischer Fehler“.

Die Empörung in Jerusalem und andernorts, gekoppelt mit dem Rücktritt von Verteidigungsminister James Mattis, ließ Trump auf die Bremse treten. Wenn er anfangs das Land, „in dem es nur Sand und Tod“ gebe, augenscheinlich gar nicht schnell genug verlassen konnte, so dämpfte er am Sonntag seinen Ton. Er habe niemals gesagt, „dass wir über Nacht rausgehen“. Die Truppen würden erst dann abgezogen werden, wenn der IS besiegt ist. Einen genauen Zeitplan habe man nicht, sagte Bolton, der im Verlauf seines Israel-Besuchs die Beruhigungsversuche seines Chefs bekräftigte. Er sprach von „Bedingungen“ und „der Schaffung von Umständen, die wir sehen wollen“. Laut NBC-Bericht werde derzeit sogar eine dauerhafte Stationierung von US-Truppen im Süden Syriens erwogen.

Boltons Mission auf seiner aktuellen Nahost-Reise gilt außer Israel den Kurden, die während des Bürgerkriegs Seite an Seite mit den US-Truppen gegen die Allianz des syrischen Präsidenten Bashar al-Assad kämpften. Bolton reist von Jerusalem aus in die Türkei, um am Dienstag von Präsident Recep Tayyip Erdoğan Garantien für die bisherigen Verbündeten einzufordern. „Es gibt Ziele, die wir erreichen wollen, die den Abzug aus Syrien beeinflussen“, meinte er.

Ankara bleibt hart in der Kurdenfrage

Auch US-Außenminister Mike Pompeo signalisierte, die USA wollten sicherstellen, „dass die Türken die Kurden nicht abschlachten“. Ohne die im Norden Syriens stationierten Amerikaner wären die Kurden der türkischen Armee ausgeliefert, die bereits mit einer Offensive drohte. In Ankara gilt die kurdische YPG als Terrorgruppe.

Bereits im Vorfeld der Türkei-Reise Boltons kommentierte Ibrahim Kalin, Sprecher Erdoğans, dass die YPG „kein Verbündeter der USA“ sein könne. Die Türkei verfolge mit ihrem Kampf gegen „die Terroristen der PKK und deren syrische Zweige“ das Ziel, andere Kurden „aus der Tyrannei und Unterdrückung“ dieser Gruppen zu befreien.

Schwierige Vorzeichen für Bolton, seine Aufgabe mit Erfolg zu erledigen. Sollten die Kurden sich von den USA im Stich gelassen sehen, müssten sie sich neue Verbündete suchen. Zur Debatte stünden Russland und Assad – ihre bisherigen Feinde.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.01.2019)

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