Ko-Gastgeber Dänemark eröffnet heute die Weltmeisterschaft, vor allem dank Superstar Mikkel Hansen zählt Österreichs Gruppengegner einmal mehr zu den Top-Favoriten. Doch der Erfolgsdruck könnte größer nicht sein.
Herning. Zottelhaare, Zottelbart und breites Stirnband – allein schon von seinem Äußeren her ist Mikkel Hansen eine Wucht auf dem Spielfeld. Dazu kommt: Kaum ein Rückraumspieler verbindet Torgefahr und Passsicherheit wie der 31-jährige dänische Handball-Superstar. Hat der 1,96-Meter-Hüne von Paris Saint-Germain dann auch noch zu viel Platz, zappelt der Ball in der Regel im gegnerischen Tor.
Auf Hansen ruhen die Hoffnungen des ambitionierten dänischen Nationalteams. Das 5,7-Millionen-Einwohner-Land ist seit jeher eine Handballmacht, gewann EM-Titel (2008, 2012) und zuletzt Olympiagold 2016, bei Weltmeisterschaften aber war bisher Silber (1967, 2011, 2013) das höchste der Gefühle. Beim Heimturnier 2019 – Dänemark ist neben Deutschland Ko-Gastgeber – soll sich das ändern. Und die Chancen dafür stehen gut.
Das offizielle Ziel lautet Halbfinale, in Wahrheit aber hat das Team von Coach Nikolaj Jacobsen, im Hauptberuf Meistertrainer der Rhein-Neckar Löwen in der deutschen Bundesliga, das Zeug zu mehr. „Das hier ist auf dem Papier vermutlich die stärkste dänische Mannschaft aller Zeiten“, meinte der dänische Handballhistoriker Thomas Ladegaard. Hinzu kommen ein erfahrener Trainer, der Heimvorteil und die günstige Auslosung, die die Mitfavoriten Frankreich, Kroatien und Spanien in die andere Turnierhälfte verfrachtete. Alles angerichtet also für Hansen und seine Mitstreiter. „Die Vorfreude bei mir und in ganz Dänemark ist gigantisch. Die WM wird riesig“, erklärte der Starspieler.
Am Donnerstag starten die Dänen in Kopenhagen gegen Chile ins Turnier (20.15 Uhr, live Eurosport). Für die weiteren Vorrundenspiele in Gruppe C geht es nach Herning, dort warten Tunesien, Saudiarabien und Österreich. Keine wirklichen Stolpersteine also, bevor es im abschließenden Gruppenschlager gegen Vizeweltmeister Norwegen geht. So können die Dänen mit ihren Kräften haushalten, will man nämlich eine Schwachstelle im Weltklasse-Kader ausfindig machen, dann am ehesten die Tatsache, dass viele Leistungsträger nicht mehr die Jüngsten sind. Und die Belastungen einer Handball-WM sind enorm, der neue Champion wird zehn Spiele in 17 Tagen absolviert haben. Superstar Hansen ist 31, die Rechtsaußen Hans Lindberg und Lasse Svan sind 37 bzw. 35, die Torhüter Niklas Landin und Jannick Green sind 30. Fest steht bereits, dass Kreisläufer und Abwehrbollwerk Henrik Toft Hansen, 32, die ersten Spiele verletzt verpassen wird. Viel wird auch von Spielmacher Rasmus Lauge, 27, vom deutschen Meister Flensburg abhängen.
So groß Dänemarks Chance ist, so hoch ist auch die Erwartungshaltung. Jungvater Hansen – am Samstag kam sein Sohn zur Welt – aber sagt: „Im Endeffekt machen wir uns den Druck nur selbst.“ Dennoch: „Wenn du in einem entscheidenden Spiel fünf Minuten schlecht spielst, bist du raus. So ist Handball.“ (joe)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.01.2019)