Die Regierungsspitze will den Asylstatus für Verurteilte früher als jetzt aberkennen.
Wien. Bei einem Tötungsdelikt, bei Vergewaltigung, Kindesmisshandlung oder bewaffnetem Raub ist die Sache glasklar. Dann darf laut Statusrichtlinie und Genfer Flüchtlingskonvention der Asylstatus eines (rechtskräftig verurteilten) Täters aberkannt werden. Die Regierung will diese Möglichkeit ausgeweitet und nicht nur „besonders schwere Verbrechen“ eingeschlossen sehen.
Auf die politische Tagesordnung sogar des Bundeskanzlers gebracht wurde das Thema durch einen 19-jährigen Syrer, der des Mordes an einer jungen Frau in Wiener Neustadt verdächtigt wird. Er war schon vorher straffällig geworden.
Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) drängt darauf, dass straffällig gewordene Flüchtlinge abgeschoben werden. Dass hierfür derzeit eine schwere Straftat nötig ist, hält er für „sehr problematisch“: „Das entspricht weder dem gesunden Hausverstand noch hat das für die österreichische Bevölkerung Sinn“, erklärte er am Mittwoch im Pressefoyer nach dem Ministerrat.
„Import“ von Gewalt
Ähnlich äußerte sich Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ). Die gesetzliche Regelung sollte dahin gehend geändert werden, dass bereits bei schweren oder mehreren leichten Vergehen mit Konsequenzen zu rechnen sei. Laut Strache ist nicht die österreichische Gesellschaft gewalttätiger geworden. Durch politische Fehlentwicklungen mit der starken Flüchtlingsbewegung 2015 sei aber auch Gewalt „importiert“ worden: „Wer zu uns gekommen ist und gewalttätig ist, soll hier nicht geschützt werden. Hier darf es keinen Täterschutz geben.“
Die Bevölkerung würde es jedenfalls nicht verstehen, wenn die Regierung untätig bliebe. Auch der Kanzler betonte, dass mit den Flüchtlingen „viel importiert wurde, was bei uns nicht Platz haben sollte“, er nannte antisemitisches Gedankengut, Gewaltbereitschaft, mangelnden Respekt gegenüber Frauen.
Bevor Österreich Gesetze ändert, sollte man als Erstes auf europäischer Ebene aktiv werden, so Kurz weiter, aber: „Manchmal braucht es Vorreiter, um ein Umdenken einzuleiten.“ Das Thema beschäftige jedenfalls auch andere Staaten. Angesprochen auf Überlegungen, auch nach Syrien abzuschieben, meinte der ÖVP-Obmann, die Sicherheitslage in unterschiedlichen Gebieten Syriens sei unterschiedlich: „Aber straffällige Asylwerber müssen abgeschoben werden, und zwar rasch und egal, woher sie kommen.“
Der Kanzler verwies außerdem auf die Arbeit der Taskforce Strafrecht und kündigte Nachschärfungen bei der Strafhöhe an. Ergebnisse sollen in Kürze präsentiert werden. Auch wenn der Schutzstatus rechtskräftig aberkannt wurde, heißt das nicht, dass ein Straftäter abgeschoben werden kann.
Rechtliche Hürden
Besteht nämlich kein Rücknahmeabkommen mit dem Herkunftsland, droht ihm Tod oder Folter oder herrscht (Bürger-)Krieg, ist eine Abschiebung laut Flüchtlingskonvention nur möglich, wenn ein Straftäter „eine Gefahr für die Gemeinschaft“ bedeutet, also gemeingefährlich ist. Ist das nicht der Fall und findet sich das Herkunftsland nicht auf der Liste der sicheren Drittstaaten, fällt der Betreffende nach Absitzen der Haft in den Status der „Duldung“. Damit bleibt er im Land, hat aber weder ein Aufenthaltsrecht noch Zugang zum Arbeitsmarkt.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.01.2019)