„Love Machine“: Der Kabarettist als lieber Callboy

Gigolo Georgy (Kabarettist Thomas Stipsits) soll Societylady Uschi Baumann (TV-Moderatorin Barbara Schöneberger) helfen, ihren Ehemann zu ärgern.
Gigolo Georgy (Kabarettist Thomas Stipsits) soll Societylady Uschi Baumann (TV-Moderatorin Barbara Schöneberger) helfen, ihren Ehemann zu ärgern.(c) Filmladen
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Andreas Schmieds rustikale Komödie „Love Machine“ ist überzeugend besetzt, recht amüsant, aber zu lang geraten. Claudia Kottal erfreut als Jadwiga: herb und sexy.

„Ich muss pressen!“, schreit die Frau. Der Mann steht hilflos dabei und schaut vorsichtig unten rein: „Wie weit ist der Muttermund offen?“, fragt die Stimme aus dem Krankenhaus. Die zwei, die sich hier um den Nachwuchs bemühen, sind auch im Leben ein Paar: Katharina Straßer und Thomas Stipsits haben zwei Kinder. In der Komödie „Love Machine“ vom Steirer Andreas Schmied ist Stipsits allerdings nur sehr kurz mit seiner Gefährtin im Leben beschäftigt – umso mehr mit anderen Frauen. Als Musiker Georgy, der häufig auf Hochzeiten aufspielt, muss er erleben, wie sein Partner stirbt, worauf er sich als Gigolo verdingen muss, will, weil er keinen Führerschein hat und daher nicht über Land touren kann.

Das Kino widmet sich gern den Liebessehnsüchten reiferer Menschen, vor allem wenn sie jung und knusprig aussehen. Zuletzt zeigte etwa „Das kleine Vergnügen“ von Julia Frick eine frustrierte Ehefrau, die Schwung in einen dümpelnden Laden für Sexspielzeug bringt. Woody Allen liefert treffende Kommentare zu „Plötzlich Gigolo“ von und mit John Turturro, der u. a. keiner Geringeren als Sharon Stone zu Diensten ist. „Love Machine“ ist eher frei von Esprit, ein rustikales österreichisches Lustspiel.

Schmied (42), der Anglistik und Germanistik studiert hat, im Offtheater tätig war und Musikvideos gedreht hat (was man „Love Machine“ durchaus anmerkt), hat mit Komödianten wie Michael Ostrowski oder Juergen Maurer gearbeitet – wer deren Humor mag, wird auch „Love Machine“ schätzen. Allerdings ist der Film etwas zu lang geraten. Zunächst allerdings gibt es viel zu lachen, auch über Makaberes und Peinliches.

„Love Machine“ lebt davon, dass der Protagonist eben leider keine solche ist, also kein blendend aussehender selbstgewisser Beau, braun gebrannt mit blitzenden weißen Zähnen, sondern ein Durchschnittsmann. Georgy will das Gleiche, was er seinen Brautpaaren wünscht: „Sehr viel guten Sex, aber auch ganz viel Romantik!“

Beimpold, Neuhauser, Klebow

Zu „Girls Just Want to Have Fun“ (von Cyndi Lauper) stolpert der Mittdreißiger, Markenzeichen Waschbär- statt Waschbrettbauch, potent, aber naiv, von einer Lady zur nächsten. Seine Schwester, beschäftigt in einem Schönheitssalon, fungiert für ihn als Kupplerin. Die Kundinnen können zunächst gar nicht glauben, dass es so einfach ist, einen Lover gegen Bezahlung zu finden. Auch Georgy kann es nicht fassen.

Doch nachdem er manche Mittfünfzigerin beglückt hat, begegnet ihm die forsche Fahrlehrerin Jadwiga (Claudia Kottal), jetzt ist die Frage, die Wahrheit sagen oder nicht? Auf Georgys Bekenntnis reagiert Jadwiga jedenfalls ganz anders als erwartet. Der Film zeigt einige Schauspielerinnen in Paraderollen, darunter Ulrike Beimpold als Besitzerin des Beautyinstituts, die von den Geschäften, die da „unter der Budel“ gemacht werden, entsetzt ist, oder Julia Edtmeier als Georgys pfiffige Schwester Gitti, Barbara Schöneberger gibt „die Uschi“, die ihren betrügerischen Ehemann ärgern will, Lilian Klebow die Ärztin, die Georgy vom Priapismus befreit, nachdem er Viagra geschluckt hat, um zwei Lesben neue Perspektiven zu eröffnen (die eine spielt Adele Neuhauser).

Frech! Pures Kinovergnügen! So lockt die Werbung. Nicht besonders frech, aber dafür auch nicht geschmacklos wirkt „Love Machine“. Der Titel ist vielleicht ein Signal an Alt-68er-Zuseher. James Browns „Sex Machine“ war 1971 ein Skandalon, heute wirkt das Lied ziemlich harmlos.
Thomas Stipsits, eine optisch eher unauffällige Erscheinung in der blühenden heimischen Kabarettszene, ist nicht nur ein gefragter Spaßmacher. Die Termine seines Programms „Stinatzer Delikatessen“ – in Stinatz, woher auch die Resetarits-Brüder stammen, ist der Obersteirer aufgewachsen – sind auf Wochen ausverkauft. Stipsits wirkt auch als Schauspieler überzeugend, etwa in der krassen Militärsatire „Baumschlager“, diese österreichisch-israelische Koproduktion in der Regie von Harald Sicheritz war allerdings origineller als „Love Machine“.

Stipsits' Wandlungsfähigkeit mag begrenzt sein, seine Spezialität ist der Tollpatsch, der Loser – ein modisches Format für den Mann von heute. Aber in diesen Typen steckt auch eine Portion Rebellentum gegen das Grobe und ein Insistieren auf Freundlichkeit. „Love Machine“ ist recht witzig und lehrt: Stille Wasser sind tief – das gilt auch beim Sex. Übrigens: Im Zeitalter selbstbestimmter Frauen erlebt das Callboy-Business einen Aufschwung. Dank des Internets – in dem auch Georgy sein Profil hat.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.02.2019)

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