„Stationiert keine neuen US-Raketen, sonst . . .“, droht Russland. „Das haben wir gar nicht vor“, heißt aus der Nato-Zentrale.
Moskau/Brüssel. Im Zusammenhang mit dem Auslaufen des Vertrages über die Verschrottung der atomaren Mittelstreckenraketen (INF) erhöht die russische Führung den Druck auf die europäischen Nato-Staaten. Bei einer Stationierung von neuen US-Mittelstreckenraketen könne Europa zum Austragungsort eines Konflikts werden, warnte am Montag das Außenministerium in Moskau. Sollten die europäischen Partner der USA am weiteren Erhalt des INF-Vertrages interessiert sein, dürften sie nicht blind Washingtons Kurs folgen, hieß es aus Moskau. Russland versucht so, erneut einen Keil in die Allianz zu treiben.
Die Nato-Partner der USA hatten sich zuvor geschlossen hinter die Entscheidung Washingtons zum Ausstieg aus dem INF-Vertrag gestellt. Die Allianz warf Russland vor, den Vertrag mit dem neu entwickelten Marschflugkörper SSC-8 (russische Bezeichnung 9M729) zu verletzen.
Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg kündigte am Wochenende eine „verantwortungsbewusste“ Reaktion der Nato an. Man müsse nicht unbedingt spiegelbildlich auf das russische Vorgehen antworten. „Wir haben nicht die Absicht, neue landgestützte nukleare Waffensysteme in Europa zu stationieren“, wies der Norweger russische Warnungen zurück und bemühte sich, europäische Besorgnisse zu zerstreuen. Die sind durch Moskaus Ankündigung vom Wochenende, nach dem US-Ausstieg aus dem INF-Vertrag den Bau von Hyperschallraketen mittlerer Reichweite voranzutreiben, nicht kleiner geworden.
Es gibt allerdings auch Nato-Staaten, die es nicht für richtig halten, trotz der russischen Vertragsverletzungen auf neue nukleare Mittelstreckenraketen zu verzichten. „Es liegt im europäischen Interesse, dass amerikanische Truppen und Atomraketen auf dem Kontinent stationiert sind“, erklärte etwa Polens Außenminister, Jacek Czaputowicz. Deutsche Militärexperten warnen, dass allein auf diplomatische Bemühungen zu setzen und bestimmte militärische Gegenmaßnahmen von vornherein auszuschließen die Verteidigung Europas schwäche und die Optionen Russlands erhöhe. (DPA)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.02.2019)