Flipflops-Shop: Die Renaissance der Badeschlapfen

Flipflops Renaissance Badeschlapfen
Flipflops Renaissance Badeschlapfen(c) Clemens Fabry
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Der Erfolg der legendären Flipflops geht auf zwei Menschen zurück: Einer hatte die Idee. Und der andere konnte sie gut vermarkten. Schon bald soll es in Wien einen Flipflops-Shop geben.

Stellen Sie sich vor, Sie nehmen gerade in einem Restaurant Ihr Abendessen ein. Sie unterhalten sich, als Sie plötzlich, wie viele andere Gäste auch, zur Tür schauen müssen: Denn jemand betritt mit einem Nachthemd gekleidet das Lokal. Völlig unpassend? Ja, vielleicht. Aber es könnte auch zum modischen Hype der kommenden Sommer werden, in Schlafgarderobe auszugehen. Ungefähr so kann man sich die Anfänge der Flipflops genannten Badeschlapfen in der Modewelt vorstellen, die innerhalb weniger Jahre von unspektakulären Strandsandalen zum Must-have eines jeden Kleiderschranks avancierten. Heute schaut niemand mehr komisch, wenn in Badeschlapfen steckende Füße auf roten Teppichen oder gar im Büro auftauchen. Kein Wunder, denn es gibt Flipflops längst in allen Variationen: aus Leder, mit Diamanten besetzt und in allen erdenklichen Farben. Flipflops dürfen sie – zumindest in Deutschland und auf den wichtigsten internationalen Märkten – allerdings nur noch von einer Firma genannt werden: der im deutschen Pirmasens ansässigen Firma flip*flop, die den Trend früh entdeckte und patentieren ließ.

Die alten Ägypter als Vorbild. Aber von vorne: Das Modephänomen Flipflops begann in den späten Neunzigerjahren, als sie noch „Zehensandalen“ hießen und man sie um wenige Euros – damals noch Lire – an den Stränden der italienischen Adria erstehen konnte. An einem Abend in dieser Zeit erinnerte sich eine junge Frau mit einem ausgeprägten unternehmerischen Instinkt daran, wie sie einst in Zehensandalen über den Strand gelaufen war. Stefanie Schulze echauffierte sich im Gespräch mit einer Freundin über die „unschönen Adilettes von Adidas“. Ein paar materielle Veränderungen und administrative Anstrengungen später waren die Flipflops, wie wir sie heute kennen, wiedergeboren. Schulze, so heißt es, soll keine Unsummen in Marketingkampagnen investiert, sondern ihre Produkte stattdessen an Modejournalisten verschickt und so in Magazinen platziert haben. Die Flipflops wurden immer berühmter.

Freilich, auch die Strandhändler in Italien hatten sich den Schuh, der nur durch den Steg zwischen der großen und der zweiten Zehe am Fuß gehalten wird, nicht selbst ausgedacht. Nein, schon die alten Ägypter sollen ihn getragen haben.

In Japan gibt es den Schuh unter dem Namen „Zōri“ schon seit Jahrhunderten. Als Hochburg des Flipflops gilt übrigens Indien: Dort trägt er den Namen „Chappal“ und findet sich an so gut wie jedem Fuß. Nicht zu vergessen die USA, Kanada und natürlich Brasilien, wo auch der laut Angaben des Unternehmens weltgrößte Hersteller der Schuhe, Havaianas, zu Hause ist und wo die Zehensandale ab den Sechzigerjahren, von Japan ausgehend, Karriere machte.

Lukrativer Verkauf. Doch zurück nach Deutschland und zu Stefanie Schulze, die wohl in ihrem Heimatland und in Österreich dafür verantwortlich zeichnen dürfte, dass der Schuh ein Revival erlebte. Sie hatte den Flipflop so gut in der Modewelt platziert, dass ihn die deutsche „Vogue“ gar zu einem der Highlights des Jahres 2002 kürte. Ihr Badelatschenimage hatten die Flipflops endgültig abgestreift. Dann kam ein Unternehmer, dessen Vorfahren schon mit Schuhen gehandelt hatten. Und Stefanie Schulze verkaufte ihm ihre Firma. Zu diesem Zeitpunkt war das Label laut Angaben der Bernd Hummel Holding Marktführer im Bereich Badesandalen und verfügte bei Frauen über einen Bekanntheitsgrad von über 90 Prozent. Bernd Hummel kaufte die Marke, ließ sie in Deutschland und in den wichtigsten internationalen Märkten schützen und baute das Unternehmen aus: Heute kann man bei flip*flop nicht nur Schuhe, sondern Kleider, Taschen und Sommerhosen ebenso kaufen wie T-Shirts und Winterstiefel.

Seit 2007 ist Bernd Hummels Tochter Anne-Katrin zweite Geschäftsführerin des Unternehmens und allein für den kreativen Bereich verantwortlich. „Bei uns war 2003 das Jahr der Flipflops. Aus der Badelatsche wurde ein Fashionprodukt. Plötzlich konnte man sie zum Abendkleid anziehen“, erzählt die 32-Jährige, die darauf achtet, dass die Kollektionen bei flip*flop bunt, aber die meisten Stücke einfarbig sind. „Damit man alles kombinieren kann“, sagt Hummel.

Seit 2008 hat das Unternehmen neben Deutschland auch in Italien, Österreich, der Schweiz, in Zypern, Korea und den Beneluxstaaten Vertretungen. Der Onlineshop soll ab Ende des Jahres die ganze Welt beliefern. Nach und nach wollen Anne-Katrin und ihr Vater, die im Moment etwas mehr als zehn Mitarbeiter beschäftigen, auch mit Filialen expandieren. Ein bis zwei neue Geschäfte im Jahr können sie sich vorstellen. Zu schnell soll es nicht gehen: „Irgendwann wird das wahrscheinlich nicht mehr möglich sein, aber wir wollen das so lange wie möglich selbst machen“, sagt Anne-Katrin Hummel.

Geräusch als Namensgeber. Aktuell sieht sie sich nach einer Filiale in Wien um. Einen Fuß hat sie schon in der Tür. Vor zwei Wochen präsentierte Anne-Katrin Hummel im Shop „Song“ in der Wiener Leopoldstadt die erste Kooperation mit einem hausfremden Designer: Plateau-Sandalen und andere Schuhe von Kostas Murkudis. Mehrfarbig, entgegen den üblichen Vorgaben. Auch im Wiener Traditionshaus Mühlbauer kann man flip*flop-Produkte kaufen. Rund eine halbe Million Artikel verkauft das Unternehmen im Jahr, mehr als ein Drittel davon sind Flipflops. Der „Original“, der 83 Gramm wiegt und zwischen 19,90 und 24,90 Euro kostet, ist nach wie vor das Testimonial der Firma.

Woher die Flipflops ihren Namen haben, weiß übrigens niemand so genau: Die gängigste Erklärung ist, dass er von dem schlurfenden Geräusch herrührt, das der Flipflop-Träger beim Gehen erzeugt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.04.2010)

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