Petra Mühlberger: Die Kunst, Knöpfe zu wickeln

Petra Mühlberger nutzt ihre Zwirnknöpfe unter anderem auch für Schmuck.
Petra Mühlberger nutzt ihre Zwirnknöpfe unter anderem auch für Schmuck.(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Petra Mühlberger hat sich dem Erhalt von Zwirnknöpfen verschrieben. Das alte Handwerk verbindet Menschen und begeistert Designer.

Man kann sich einfach nicht sattsehen. Stundenlang könnte man auf den Tisch mit den ausgebreiteten Knöpfen starren und immer wieder neue Muster und Farbkombinationen entdecken, immer wieder neu in Begeisterung ausbrechen. Petra Mühlberger ist den Effekt gewöhnt. „Man kann sich wirklich darin verlieren.“

Dass Zwirnknöpfe so bunt sind, ist freilich ein neueres Phänomen. Viele, zumindest im eher östlichen Österreich, kennen sie noch von früher in Weiß, von der Bettwäsche. Und auch, dass ihre Herstellung Freude machen kann, ist ein eher neuer Gedanke. Im heimatlichen Mühlviertel, erzählt Mühlberger, habe sie noch ein paar Alte gefunden, für die die Knopfherstellung einst noch ein Broterwerb war – und zwar ein eher ungeliebter. „Es war eine Winterhandarbeit“, erzählt sie, eine, an der sich auch Männer und Kinder beteiligten.

Die ersten Zwirnknöpfe waren ab dem 17. Jahrhundert im englischen Dorset produziert worden; im Mühl- und Waldviertel, dem „Bandlkramerlandl“, wurde erst ab 1900 gewickelt. Reich wurde man damit nicht. Für eine „Tasche“ (20 Karten à 48 Knöpfe) bezahlten Auftraggeber oft nur eine Krone und 80 Heller – den Gegenwert eines Kilo Rindfleischs. An einer Tasche arbeitete man eine Woche lang.

Eine, die als Zwölfjährige bei der Arbeit noch mit anpacken musste, ist die Mühlviertlerin Herta Affenzeller. Sie war es, die in den vergangenen Jahren eine kleine Renaissance der Knöpfe eingeleitet hat, die auch die ersten Kurse gab und von der Petra Mühlberger viel gelernt hat.

„Feiner Faden“ heißt Mühlbergers kleines Unternehmen, das sie als Social Business führt. Sie habe immer schon den Wunsch gehabt, selbstständig zu sein, sagt die 36-Jährige, die daneben noch bei der Caritas arbeitet. Zunächst habe sie sich ein wenig schwer damit getan, just Handarbeit mit ihrem emanzipierten Selbstverständnis in Einklang zu bringen. „Aber es geht.“ Begonnen hatte sie, die schon als Kind zu stricken begonnen hatte, eigentlich mit einer Strickkollektion. Als sie für Hauben das gewisse Etwas suchte, fiel ihr die Knopfschachtel ihrer Oma in die Hände.

Seither produziert sie mit „Feiner Faden“ neben Strickaccessoires vor allem Knöpfe. Bald kamen die ersten Anfragen von Designern, der erste wollte Zierknöpfe für eine Seidenbluse. Für Shakkei waren ihre Knöpfe auch schon auf der Vienna Fashion Week. Die Grenzen zwischen Mode und Kunsthandwerk, freut sie sich, würden zunehmend verschwimmen. Zumal Mühlberger inzwischen („in Hunderten Versuchen“) aus der alten Technik auch Schmuck entwickelt hat: Ringe, Ohrstecker, Ketten oder Manschettenknöpfe. Ein Drittel ihrer Erzeugnisse verkauft sie direkt in Wien, ein Drittel auf Märkten, ein Drittel sind Aufträge. Die würde sie gerne noch ausbauen – die Anfrage einer Stewardess nach Schmuck in den Lufthansa-Farben hat sie auf neue Ideen gebracht.

Stricker und Knöpfler gesucht

Von Anfang an kooperierte Mühlberger dabei mit anderen Frauen. Zunächst hatte sie dabei vor allem an Pensionistinnen gedacht, aber auch Jüngere finden Freude daran, sich an der Arbeit zu beteiligen. Einmal im Monat trifft man sich zum Austausch. Gerade in Wien, findet sie, sei Einsamkeit ein großes Thema, ihre Fäden würden da durchaus verbindend wirken. Auch neue „Stricker und Knöpfler“ werden gesucht: Handarbeitsaffinität sei dabei gefragt, außerdem Kompetenz und Genauigkeit.

Verortet ist Mühlbergers „Feiner Faden“ neuerdings in Währing. Davor war sie in der Filzoase eingemietet, die hat inzwischen aber geschlossen. Nun nutzt Mühlberger in der Gentzgasse beim Aumannplatz das Textilatelier von Elisabeth Rössler, nicht zuletzt für ihre Workshops: In einer Stunde könne man den ersten Knopf fertig haben.

Auf einen Blick

Petra Mühlberger wuchs im Mühlviertel auf, hat Anthropologie und Sprachwissenschaft studiert und ist auf Beteiligungsprojekte spezialisiert. Aktuell arbeitet sie für die Caritas in Klosterneuburg an einem Demenzprojekt. Mit ihrem Social Business „Feiner Faden“ produziert sie mit Frauen Strickaccessoires und Zwirnknöpfe. Nächste freie Knopf-Workshops: 19. März in Baden, 11. Mai in Wien. Jeden Freitag gibt es im Textilatelier ein Textilcafé, Gentzgasse 112, 1180 Wien.

Web: www.feinerfaden.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.02.2019)

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