Der Mammut-Prozess gegen katalanische Separatisten führt zu neuen Spannungen mit Barcelona – und könnte sozialistische Minderheitsregierung zu Fall bringen. Die Rechte profitiert.
Madrid/Wien. Das sich erneut zuspitzende Katalonien-Drama droht das labile politische Gleichgewicht in Spanien aus den Fugen geraten zu lassen: Wie aufgeladen die Stimmung ist, wurde am Tag eins des Mammut-Prozesses gegen zwölf Anführer der katalanischen Unabhängigkeitsbewegung deutlich. Hunderte Polizisten bewachten am Dienstag das Oberste Gericht in Madrid, vor dem aufgebrachte Demonstranten protestierten. Die einen schwenkten katalanische Flaggen und skandierten „Freiheit für die politischen Gefangenen“. Andere, mit spanischen Fahnen in den Händen, konterten wütend mit: „Putschisten, Verschwörer!“
Vor Gericht stehen drei Monate lang Anführer separatistischer Organisationen und Parteien sowie Mitglieder der Ex-Regionalregierung, die das Unabhängigkeitsreferendum vom 1. Oktober 2017 vorbereitet haben – das laut Madrid „illegal“ war. Ihnen drohen wegen Rebellion, Aufruhr oder Veruntreuung öffentlicher Gelder bis zu 25 Jahre Haft. Für viele Katalanen handelt es sich um einen „politisch gefärbten Prozess“, wie auch der Anwalt von Kataloniens Ex-Vize-Regierungschef Oriol Junqueras gestern betonte. In Katalonien fand indes eine Schweigeminute „zu Ehren der politischen Gefangenen“ statt, am Abend war in Barcelona eine Demo geplant, weitere Proteste sollen am Wochenende folgen.