Insta-Famous: Das digitale Großreinemachen von Modemarken

Reset bei Bottega Veneta: Ist das die neue Ästhetik der Marke?
Reset bei Bottega Veneta: Ist das die neue Ästhetik der Marke?Instagram.com/bottegaveneta
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Die Vorgehensweise wird zum neuen Standard: Modehäuser, bei denen ein Designerwechsel ansteht, löschen ihre Vergangenheit auf Instagram. Auch Bottega Veneta übt sich in dieser Praxis.

Respektvoller Umgang mit der Vergangenheit, und sei es nur die allerrezenteste, sieht anders aus - aber dann ist die Modewelt, in der die Egos von Kreativen üblicherweise eine recht große Rolle spielen dürfen, ja nicht unbedingt für ihren zimperlichen Umgang mit ungeliebten Figuren bekannt. Es gehört jedenfalls mittlerweile fast zum Standard, dass große Personalveränderungen oder, wenn man es vollmundiger ausdrücken will, der Beginn einer neuen Ära, inkarniert durch den Arbeitsantritt eines neuen Designers, von einem Großreinemachen in sozialen Medien begleitet werden.

Für die Mode ist der wichtigste digitale Kommunikationskanal neuerdings fraglos Instagram, was sich nicht nur im intensiven Liebäugeln mit Social-Media-Persönlichkeiten ("Influencers") äußert, sondern natürlich auch in den aufwändig bespielten eigenen Insta-Accounts der großen Marken.

Nun ist es in den letzten Jahren zum Standard-Prozedere geworden, dass Designer ihre digitale Vorhut darin manifestieren, die Spuren ihrer Vorgänger zumindest auf Instagram auszumerzen. Das ist allerdings ein wenig albern, schließlich gibt es - zum Glück! - auf Homepages wie Vogue.com Kollektionen bis weit in die Vergangenheit zur Nachschau.

Man kennt das also jetzt schön langsam: Yves Saint Laurent leerte den Instagram-Account nach dem Abgang von Hedi Slimane, noch ehe Anthony Vaccarello seine Arbeit aufnahm, Hedi Slimane benannte anderswo Céline in Celine um und ließ ebenfalls den Digitalcontent aus der Foto-Sharing-App kippen. Auch Donna Karan New York wurde nach dem Ausscheiden der Designerin Donna Karan auf Instagram zum "clean slate". Und nun also Bottega Veneta.

Um die unglaublich gediegene und hochpreisige Luxusmarke aus der Kering-Familie ist es in den letzten Jahren etwas still geworden. Bereits die letzten Saisonen, die Tomas Maier als Chefdesigner, pardon: Kreativdirektor (wer Maier in Texten nicht Kreativdirektor nannte, wurde sodann von der PR gerügt) verantwortete, waren relativ unspektakulär.

Nun soll der junge Brite Daniel Lee, der bislang kein großes Modehaus leitete, die Kartoffeln wieder ins Feuer werfen, wenn man so salopp werden darf. Und Bottega Veneta, mit bescheidenen eineinhalb Millionen Followers unter den Modemarken nicht gerade ein digitales Powerhouse, ebnet ihm den Weg und leert den Markenaccount auf Instagram. Eine Woche vor der Modeschau in Mailand (die Neugier ist groß, bereits im Vorfeld werden Pressevertreter darüber unterrichtet, dass man sie möglicherweise nicht zum Defilee einladen werde) nun der Insta-Tusch: Ein erstes Bild als Vorgeschmack auf die Ära Lee.

Auf diesem sieht man eine Frau in stehend halb gekrümmter Haltung, in einem wenig repräsentativen Raum, sie trägt ein feminines, tief ausgeschnittenes, teilweise transparentes rotes Kleid mit gerüschtem Saum. Vor ihr liegt auf einem Plastiksessel eine grüne Handtasche?, ein Beutel?, schräg vor ihr steht ein informell gekleideter junger Mann.

Botteg Veneta mit nur einem einzigen Posting auf Instagram
Botteg Veneta mit nur einem einzigen Posting auf InstagramInstagram.com/bottegaveneta

Das Rätselraten um die Message geht also wieder los, ebenso wie nach den ersten Bildern aus der Slimane-Ära bei Celine, wo Lady Gaga eine Großmutterhandtasche ausführen durfte. Wird das das neue Bottega Veneta, ultrafeminin, ein wenig cheap, und ganz ohne Intrecciato-Tote-Bags?

Oder handelt es sich doch nur um einen unverbindlichen, womöglich gar absichtlich in die Irre führenden Insta-Teaser, um eine Woche vor der ersten Kollektionspräsentation von Daniel Lee in den Äther zu posaunen: Schaut her, es gibt uns noch?

Die Frage, die einen, davon ganz abgesehen, natürlich beschäftigen könnte, ist psychologischer Natur: Lässt ein Neuankömmling wie Daniel Lee den Instagram-Account leer räumen und manifestiert vorab so sein großes (Digital-)Ego? Oder hat sich in Mode-Digitalmarketingabteilungen nun endgültig ein neuer Standard etabliert.

Wenn ja, dann ist das - siehe oben: Respekt und Benimm - eigentlich keine sehr begrüßenswerte Entwicklung.

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