Kim und Trumps Gipfel der Schmeicheleien

APA/AFP/SAUL LOEB
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Treffen in Hanoi. Der US-Präsident stellt Nordkoreas Diktator einen „Wirtschaftsaufschwung wie in Vietnam“ in Aussicht, sollten die Atomwaffen abgerüstet werden.

Tokio/Hanoi. Auffällig waren vor allem die angespannten und ersten Mienen von Nordkoreas Diktator, Kim Jong-un, und US-Präsident Donald Trump, als sie einander Mittwochabend im Nobelhotel Metropole in Hanoi trafen. Trump äußerte zum Auftakt die Erwartung, dass die Gespräche „sehr erfolgreich“ verlaufen werden. Kim zeigte sich überzeugt, dass es „dieses Mal“ ein zufriedenstellendes Resultat geben werde. Ob die beiden den Korea-Krieg von 1950 bis 1953 formell beenden würden, fragte ein Reporter. Trump wich aus: „Wir werden sehen.“

Mehr als die geplanten 20 Minuten lang sprachen Kim und Trump anschließend mit Dolmetschern unter vier Augen. Danach wurde zum gemeinsamen Dinner aufgetischt. Schauplatz war die im französischen Kolonialstil erbaute Herberge, die schon viele berühmte Staatsgäste gesehen hat und in der unter anderen Charlie Chaplin seine Flitterwochen verbrachte. Diesmal jedoch war das Metropole wie nie zuvor weiträumig abgeriegelt. In der Umgebung postierten die vietnamesischen Gastgeber Panzerfahrzeuge und schwer bewaffnete Soldaten. Die Leibwächter von Kim zeigten demonstrativ offen ihre Waffen. Der Terminplan und die Tagesordnung für den zweiten Gipfeltag, heute Donnerstag, wurden zunächst unter Verschluss gehalten.

„Wie ein verknallter Teenager“

Vor ihrem Treffen überhäuften Trump und Kim einander mit Komplimenten und Schmeicheleien. Der Diktator preist dabei nimmermüde die Weisheit seines mehr als doppelt so alten Konterparts. Im Gegenzug zeigt Trump gern Kims Lobesbriefe herum. Die „Washington Post“ vergleicht dieses Verhalten sogar schon mit dem eines „verknallten Teenagers“.

Manche Mitglieder der amerikanischen Delegation bezweifeln, dass dieses Turteln zum Erfolg führt. Trump laufe Gefahr, den Konflikt durch eine „rosarote Brille“ zu betrachten und damit nordkoreanische Konzessionen zu verhindern. Statt knallharter Forderungen weicht der US-Präsident allen Fragen nach seinen konkreten Gipfelzielen aus und ignoriert die Warnungen seiner Geheimdienste, wie jener der CIA-Direktorin, Gina Haspel. Vor dem Kongress machte diese noch einmal klar: „Das Regime ist entschlossen, eine Langstreckenrakete zu entwickeln, die eine direkte Bedrohung der USA darstellen würde.“ Ob sich Nordkorea tatsächlich an ein früheres Angebot hält, seine wichtige Nuklearanlage Yongbyon zu schließen und internationale Inspektoren ins Land zu lassen, ist sehr fraglich. Wie verbindlich könnte dieser signifikante Abrüstungsschritt auf dem Hanoi-Gipfel fixiert werden? Und wie hoch wäre der Preis, den Kim Jong-un dafür fordert? Bisher verlangt Pjöngjang „korrespondierende“ Gegenleistungen. Damit könnte eine Sicherheits- und Existenzgarantie für das Kim-Regime gemeint sein, aber auch die Lockerung der schmerzhaften Sanktionen.

Exporte brachen um 90 Prozent ein

Amerikanische Quellen deuten an, dass Trump seine Einwände gegen die Wiederöffnung des 2016 aus Protest gegen die Atombomben- und Raketentests Nordkoreas geschlossenen interkoreanischen Industrieparks Kaesong fallen lassen könnte. Geplant sind außerdem der Ausbau einer landesweiten Eisenbahnstrecke zwischen Norden und Süden sowie die Wiederaufnahme des Touristenverkehrs aus Südkorea in die Ferienressorts des Kumgang-Gebirges Nordkoreas. Diese Projekte fallen bisher unter die Blockade durch die UN-Sanktionen. Nicht zuletzt diese Strafmaßnahmen führten Nordkorea immer weiter in die Rezession. Nach Berechnungen der Zentralbank in Seoul ist das Bruttoinlandprodukt in Pjöngjangs Staatswirtschaft 2017 um 3,5 Prozent auf magere 24,3 Milliarden Euro abgesackt. Einen ähnlich scharfen Einbruch hatte es zuletzt 1997 gegeben. Vor allem das Einfuhrverbot für Kohle aus Nordkorea – allein nach China jährlich 200 Millionen Dollar wert – zeigt Wirkung. Der Bergbau ging um elf Prozent zurück. Die wenigen verlässlichen Zahlen über die Wirtschaftslage deuten darauf hin, dass die Exporte Nordkoreas nach Beginn der Sanktionen um 90 Prozent abgesackt sind, die Importe um 30 Prozent. Wie lang Pjöngjang diesen Hasard durchstehen könnte, fragt sich der Seouler Ökonom Kim Byung-yeon. „Es hängt alles davon ab, wie lang die Sanktionen noch wirken.“

Angesichts dieser Misere seines Gegenspielers setzt der Chef des Weißen Hauses alles auf die ökonomische Karte und preist Vietnam als Vorbild an. Nordkorea könne denselben Aufschwung nehmen wie das frühere Feindesland der USA. „Vietnam blüht auf wie wenige andere Orte der Welt. Nordkorea wäre schnell genau so, wenn es seine Atomwaffen abschafft.“ Bekanntlich ist das der Haken im fetten Köder, den der Diktator aus Pjöngjang dafür schlucken müsste: die Abrüstung seines Arsenals an Atomwaffen und Raketen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.02.2019)

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