Der Diagnostiker und die Therapeutin am SPÖ-Krankenbett

Robert Menasse empfiehlt der SPÖ, die Sorgen der „faschistoiden Zeitgenossen“ zu ignorieren. Pamela Rendi-Wagner hat offenbar nichts dagegen einzuwenden.

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Da verstehe einer unsere Zeitungen! Wochenlang warfen sie Pamela Rendi-Wagner vor, auf Tauchstation zu gehen, statt der Regierung einzuheizen. Aber als sie dann mitten in den Semesterferien auftauchte, um in der Wiener Bildungsakademie der SPÖ mit Robert Menasse zu diskutieren, nahmen sie das kaum zur Kenntnis. Weder in der „Presse“ stand etwas darüber, noch in der „Kronen Zeitung“, noch in den „Salzburger Nachrichten“. Nicht einmal dem „Standard“ war das Ereignis eine Meldung wert. Das wenige, was wir darüber wissen, verdanken wir dem „Kurier“ und der „Wiener Zeitung“. „Es war rappelvoll“ an diesem Abend, berichtete der „Kurier“: „Der Andrang auf den ersten Auftritt der SPÖ-Chefin nach einigen Wochen nahezu völliger Medienabsenz war derart groß, dass vor dem eigentlichen Veranstaltungsraum eine Art Public-Viewing-Area eingerichtet wurde.“ Der Saal, schrieb die „Wiener Zeitung“, „war mit urban-intellektuellen Zuhörern gefüllt“. In diesem Umfeld habe sich die SPÖ-Vorsitzende sichtlich wohler gefühlt „als bei hemdsärmeligen Arbeitnehmern“.

Es ging um nichts weniger als um den „Auftrag und die Daseinsberechtigung“ der SPÖ. Rendi-Wagner hatte sich Menasse als Diagnostiker ins Bildungshaus geholt: „Er stellt den Befund, ich muss die Therapie liefern.“ Und der Dichter befand, so stand es im „Kurier“, dass der sozialdemokratische Idealismus im „blinden Pragmatismus“ verloren gegangen sei. Unter „diesem Bürgermeister“ (Michael Ludwig) propagiere „diese Partei“ (SPÖ) den Slogan „Wiener zuerst“. Mit einem solchen „Wording“ mache sie sich jedoch „neben echten, ideologisch überzeugten Nationalisten“ unglaubwürdig. In Wirklichkeit gebe es für die Sozialdemokraten keinen Grund, sich um die Anliegen „faschistoider Zeitgenossen“ zu kümmern: „Warum müssen wir immer die Sorgen der Menschen ernst nehmen, für die die Menschenrechte nicht unteilbar sind?“

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