„Kinder sind ein Karriereturbo“

Alelxandra Vetrovsky-Brychta
Alelxandra Vetrovsky-BrychtaÀkos Burg
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Porträt. „Das Vitamin K wird unterschätzt“, sagt Alexandra Vetrovsky-Brychta, Managing Director bei Bisnode, aus eigener Erfahrung. Eltern und Arbeitgeber sollten aber mehr darüber reden.

Bislang hat es immer geheißen: Ein Kind bremst die Karriere der Mutter. Bislang. Denn Alexandra Vetrovsky-Brychta, Managing Director des schwedischen Wirtschaftsinformationsdienstes Bisnode, registriert einen Paradigmenwechsel. „Das Vitamin K wird unterschätzt“, sagt sie und meint mit diesem „K“ das Kind bzw. die Kinder. Mehr noch: „Kinder sind ein Karriereturbo.“

Vetrovsky-Brychta spricht aus eigener Erfahrung. Sie war schon schwanger, als sie im Dezember 2017 den Job bei Bisnode annahm – und sagte das davor bei den Verhandlungen auch offen. Den Job bekam sie trotzdem.

Drei Monate nach ihrem Start ging sie in Mutterschutz und kehrte unmittelbar nach der Schutzfrist wieder in ihr Büro zurück. Dazwischen lag die glückliche Geburt. Möglich war das auch, weil ihr Mann zu Hause beim Kind ist – das Paar hatte schon vor längerer Zeit festgelegt, wer unter welchen Umständen in Karenz geht.

Noch einmal zurück zum angesprochenen Karriereturbo. Auch bei vielen anderen Frauen bemerke sie, sagt Vetrovsky-Brychta, dass Kinder zu so viel mehr befähigen: zu mehr Effizienz, zu mehr Empathie, zu mehr Struktur. Das sei die persönliche Ebene.

Die technische Ebene mache es dank neuer Technologien heute einfacher, flexibel zu arbeiten. Nicht zu vergessen die organisatorische Ebene: Es sei ein entsprechendes Umfeld nötig, um Karriere und Kind(er) unter einen Hut zu bringen. Und „der Arbeitgeber muss das auch wollen. Ein familienfreundliches Unternehmen zu sein, heißt mehr als nur Teilzeitjobs anzubieten“, sagt sie.

Es gehe unter anderem auch um Karenzmodelle – natürlich nicht nur für die Mütter, sondern speziell auch für die Väter.

Wozu sie Frauen wie Männer ermutigt: Offen über Kinder und Karriereplanung zu reden. Sich frühzeitig – gemeinsam mit dem Partner – mit dem Thema auseinanderzusetzen.

Und diese Punkte auch im beruflichen Umfeld anzusprechen, „dann kann sich das Arbeitsumfeld darauf einstellen und Lösungen finden“. Wobei sie dringend dazu rät, gleich von sich aus Lösungen anzubieten und zu sagen: „Mein Plan ist . . .“ Der offene Umgang, das ist ihre Erfahrung, fördere die Loyalität zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer.

Verzicht nicht im Vordergrund

Und nur wenn alle, auch die Arbeitgeber, darüber reden, gelinge es, die Angst vor dem Kinderwunsch als Karrierekiller zu nehmen. Nach dem Motto: Die wollen Kinder, fallen aus und kommen für größere Aufgaben nicht infrage.

Überhaupt laute heute die Frage nicht mehr: Kind oder Karriere, und was kommt zu kurz? Man solle nicht nach dem Entweder-oder fragen. Sondern lieber immer auf das fokussieren, was man gerade mache. „Verzicht sollte nicht im Vordergrund stehen“, sagt Vetrovsky-Brychta.

Das Schlüsselwort lautet „Self Empowerment“. Gute Führung heißt für Vetrovsky-Brychta, Raum dafür zu schaffen und als Führungskraft einen Rahmen aufzuspannen: „Mitarbeiter muss man fördern, damit sie wachsen können, um die täglichen Herausforderungen zu bewältigen“, sagt die 40-Jährige.

Sie selbst habe das früher als Mitarbeiterin genossen: „Vorgesetzte, die mir nicht gesagt haben, wie ich etwas machen soll“, sondern ihr Ziele, Sinn und Zweck erklärt haben. So sei sie in zehn Jahren in Top-Managementpositionen gewachsen, mit den Aufgaben, der Unternehmensgröße, dem Umsatz, der Mitarbeiterzahl. „Ich will eine Führungskraft zum Angreifen sein, ein Coach, ein Mentor und kein Diktator.“ Über die Jahre arbeitete Vetrovsky-Brychta bei der Schober Information Group, bei Herold und bei Purpur Media.

Schnelle Erfolgserlebnisse

Die jüngeren Mitarbeiter, sagt Vetrovsky-Brychta, seien dabei durchaus herausfordernd, weil sie ein andere Wertehaltung als frühere Generationen mitbringen. So würden viele Junge schneller Erfolgserlebnisse benötigen, um bei Laune zu bleiben, und könnten mit Misserfolgen weniger leicht umgehen. Die Kunst sei, Strukturen im Unternehmen zu gestalten, die für Junge und Ältere gleichsam stimmig sind: „Nicht zu weit, nicht zu eng.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.03.2019)

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