Österreichs Abhängigkeit von Marko Arnautović

Marko Arnautović gelang beim Polen-Match kein Tor
Marko Arnautović gelang beim Polen-Match kein TorGEPA pictures
  • Drucken

Analyse. Läuft Marko Arnautović nicht zur Hochform auf, dann sinken die Chancen des ÖFB-Teams drastisch. In der Ära Foda war der Wiener an fast jedem zweiten Tor beteiligt.

Wien. Österreichs Start in die EM-Qualifikation ist misslungen. Die Probleme des ÖFB-Teams bei der 0:1-Heimniederlage gegen Polen waren augenscheinlich, am schwersten wog wieder einmal das Fehlen eines Stürmers mit Treffsicherheit. Noch scheinen Franco Foda die Fragen nach der Krise im Angriff nicht sonderlich zu nerven, die Debatte dürfte seine Ära als Teamchef aber auch in Zukunft stark prägen.

Sein Vorgänger, Marcel Koller, musste sich im medialen Austausch über Jahre mit David Alaba und dessen Positionierung auf dem Feld beschäftigen. Fragen, warum welcher Stürmer denn nicht treffe, blieben Koller großteils erspart. Der Schweizer erfreute sich oftmals eines Marc Jankos in Hochform, auch der mittlerweile fast schon völlig in Vergessenheit geratene Rubin Okotie leistete seinen Beitrag.

Die 89. Minute gegen Polen, als Joker Janko aus vier Metern einen Kopfball neben das Tor setzte, stand sinnbildlich für den Offensivzustand des österreichischen Nationalteams. Die Frage, ob der 35-Jährige die Chance bei (mehr) Spielpraxis in der Schweiz verwertet hätte, wird für immer unbeantwortet bleiben. Fakt ist, dass Janko – wie der gesamten Abteilung Angriff – die Selbstverständlichkeit im Abschluss fehlt. Womöglich dachte der Routinier für den Bruchteil einer Sekunde, als die Maßflanke von Maximilian Wöber ihren Weg nahm, nach. Janko sagt: „In neun von zehn Fällen ist er drinnen.“

Arnautović – wer sonst?

Nach den Ausfällen von Guido Burgstaller und Michael Gregoritsch stellte sich die rot-weiß-rote Offensive praktisch von selbst auf – das wird sie auch am Sonntag in Israel. Marko Arnautović agierte wie erwartet an vorderster Front, die polnische Abwehr schenkte dem 29-Jährigen gesonderte Aufmerksamkeit – wohl wissend, dass der West-Ham-Legionär der mit Abstand torgefährlichste Spieler in den Reihen der Österreicher ist. Dieser Umstand macht das ÖFB-Team berechenbar.

In den vergangenen Jahren ist ein gewisses Abhängigkeitsverhältnis der Mannschaft von Arnautović entstanden. (Zu) viel hängt von den Aktionen des Wieners ab, zu selten suchen Mitspieler Mann-gegen-Mann-Situationen und schaffen so Räume. Letztlich ist es wohl auch eine Frage der Qualität einzelner Akteure. Wirklich gute Länderspiele von Marcel Sabitzer etwa, der bei Leipzig seit Jahren Leistungsträger ist, lassen sich problemlos an zwei Händen abzählen.

Zahlen untermauern die Wichtigkeit von Arnautović für das Team. In der 13 Spiele umfassenden Ära Foda steuerte er sowohl die meisten Tore als auch Vorlagen (jeweils vier) bei. Arnautović war an acht der insgesamt 17 Tore (davon ein Eigentor) beteiligt, das macht eine Quote von 47 Prozent. Von den übrigen Torschützen bringen es einzig David Alaba, Alessandro Schöpf und Louis Schaub auf jeweils zwei Treffer. Bezeichnend: Keiner aus diesem Trio ist Stürmer.

Dürftige Aussichten

Vor dem Spiel gegen Israel am Sonntag ist die Krise im Angriff akut wie noch nie. In den vergangenen sechs Spielen traf die ÖFB-Auswahl nur in den beiden Begegnungen gegen Nordirland (2:1, 1:0)– in den Duellen mit Polen (0:1), Bosnien (0:0, 0:1) und Dänemark (0:2) blieb man torlos.

Auch in Haifa wird sich Österreich des chronischen Stürmerproblems nicht entledigen können, Foda sind bis zu einem gewissen Grad sogar die Hände gebunden. Also hofft man wieder auf Genieblitze von Arnautović – oder darauf, dass bei Janko für einen kurzen Augenblick die Selbstverständlichkeit zurückkehrt. Für ein Nationalteam sind das ziemlich dürftige Aussichten.

AUF EINEN BLICK

In der Ära von Teamchef Franco Foda erzielte das ÖFB-Team in 13 Spielen 17 Tore. Marko Arnautovic führt die Liste der Torschützen mit vier Toren an, weiters trafen David Alaba (2), Louis Schaub (2), Alessandro Schöpf (2), Xaver Schlager, Valentino Lazaro, Martin Hinteregger, Florian Grillitsch, Michael Gregoritsch und Marcel Sabitzer (je einmal).

Torflaute: In den vergangenen sechs Spielen trafen die Österreicher gleich vier Mal nicht, einzig in den Partien gegen Nordirland war man erfolgreich (3 Tore).

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.03.2019)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Valentino Lazaro
Fußball

ÖFB-Team setzt in Israel auf mehr Effizenz und Überzeugung

Teamchef Franco Foda möchte, dass die Mannschaft an die Leistung gegen Polen anknüpft - mit mehr Kaltschnäuzigkeit. Überraschenden Besuch gab es bei der Pressekonferenz in Haifa.
Fußball-International

David Alaba fällt gegen Israel aus

EM-Qualifikation: Der Bayern-Star wird dem ÖFB-Team am Sonntag in Israel nicht zur Verfügung stehen.
UEFA EURO 2020 QUALIFIKATION: OeSTERREICH - POLEN
Fußball-National

EM-Qualifikation: Österreich unterliegt Polen

Österreich verlor das erste Spiel in Wien gegen Gruppenfavorit Polen mit 0:1. Im Kampf um eines der beiden EM-Tickets in der Gruppe G ist der Druck damit gestiegen. Am Sonntag wartet Israel.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.