Die Freiheitlichen hatten eine Entschädigung von 3,4 Millionen Euro wegen der Aufhebung und Verschiebung der Bundespräsidentenwahl 2016 gefordert. Die Richterin schloss das Verfahren am Freitag.
In dem von der FPÖ angestrengten Prozess gegen die Republik Österreich wegen der Bundespräsidentenwahl 2016 sieht Richterin Margit Schaller keinen Anspruch auf Schadenersatz. Das gab sie am Freitag, dem ersten Prozesstag, bekannt. Das Verfahren wurde am Freitag geschlossen, das Urteil ergeht schriftlich.
Schaller schränkte das Verfahren auf den Grund des Anspruchs ein. Zunächst sollte also entschieden werden, ob überhaupt ein Anspruch auf Schadenersatz bestehe. Diese Frage sei nicht in einem Beweisverfahren zu klären, sondern es handle sich um eine reine Rechtsfrage, meinte die Richterin.
Die Richterin legte ihre Rechtsansicht am Freitagvormittag dar: Die Wahlvorschriften zielten darauf ab, den freien Wählerwillen zu schützen, sagte sie. "Davon ist meiner Ansicht nach aber das Vermögen des Wahlwerbers selbst - und noch weniger das Vermögen der klagenden Partei - nicht umfasst." Der Schutzbereich dieser Norm reiche nicht so weit, dass dadurch bloße Vermögensschäden umfasst wären, meinte Schaller.
Der Anwalt der FPÖ warf der Richterin daraufhin in der nur rund eine Stunde dauernden Verhandlung eine „unrichtige Rechtsauffassung vor“. "Es wäre grotesk, anzunehmen, dass diese Kosten nicht ersetzt werden, wenn diese Kosten durch mehrere Verschiebungen frustriert werden und zur Aushöhlung des Vermögens eines Kandidaten oder einer ihn unterstützenden Gruppe führen", meinte Dieter Böhmdorfer, der die Verhandlung im Anschluss nicht als Niederlage bezeichnen wollte.
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Richterin Schaller verwies darauf, dass es zur Frage, ob der Schutzzweck der Wahlvorschriften solch einen Vermögensschaden umfasst, noch keine Rechtsprechung gebe. Diese Frage gelte es zu klären, möglicherweise durch alle Instanzen. "Da diese Frage eine reine Rechtsfrage ist, kann man das ohne aufwendiges Rechtsverfahren vorerst einmal klären", sagte sie. Ihrer Ansicht nach besteht kein Anspruch auf Schadenersatz.
Martin Windisch von der Finanzprokuratur, der die Republik Österreich vertrat, war ebenfalls der Überzeugung, dass der Schutzzweck der Wahlvorschriften darin liege, die freie Willensäußerung des Wählers zu schützen. Es gehe nicht darum gehe, "finanzielle Interessen von Unterstützern der Wahlteilnehmern zu schützen".
FPÖ wollte 3,4 Millionen Euro Schadenersatz
Die Richterin hatte schon vorab wissen lassen, dass in einem ersten Schritt die Frage geklärt werden solle, ob überhaupt ein Anspruch auf Schadenersatz bestehe. Wenn dieser gegeben gewesen wäre, hätte in einem zweiten Schritt die Frage nach der Höhe eines etwaigen Schadenersatzes geklärt werden müssen. Dazu kommt es nun nicht.
Die FPÖ hatte ursprünglich 3,4 Millionen Euro Schadenersatz für die aufgehobene Bundespräsidentenstichwahl und die im Anschluss daran wegen fehlerhafter Kuverts verschobene Wahlwiederholung gefordert.
Die Partei hatte die Grundsatzprüfung zunächst geprüft. "Im Sinne der Verfahrensökonomie wird seitens der FPÖ eine Einschränkung des Verfahrens auf die Berechtigung der Ansprüche dem Grunde nach angestrebt, damit zeitnah eine - allenfalls höchstgerichtliche - Entscheidung zu dieser Rechtsfrage erfolgen kann", meinte Böhmdorfer vor der Verhandlung am Freitag.
Kritik an der Klage der FPÖ übte am Freitag Neos-Generalsekretär Nick Donig. Dieser Vorgang sei zwar vielleicht rechtlich gedeckt, jedoch nicht redlich, befand Donig in einer Aussendung am Freitag. "Erst schamlos, die Wahlkampfkostenbeschränkung bei der Nationalratswahl um 3,7 Millionen Euro zu überschreiten, um dann zu versuchen, sich fast die gleiche Summe von der Republik zu holen, ist ein allzu leicht durchschaubares Vorgehen, um die Parteifinanzen zu sanieren", meinte er.
FPÖ hat acht Millionen Euro investiert
Die FPÖ hatte acht Millionen Euro in den gescheiterten Wahlkampf ihres Präsidentschaftskandidaten Norbert Hofer investiert. 3,4 Millionen Euro davon fordern die Bundespartei und die neun Landesparteien von der Republik zurück. Die Summe setzt sich jeweils etwa zur Hälfte aus Wahlkampfkosten für die aufgehobene Stichwahl im Mai und für die verschobene Wiederholung zusammen. Wahlsieger Alexander Van der Bellen hatte auf eine Schadenersatzklage gegen die Republik verzichtet.
Der Wahlkampf zur Bundespräsidentenwahl dauerte fast ein Jahr. Der erste Wahlgang erfolgte im April, im Mai kam es dann zur Stichwahl zwischen Hofer und Van der Bellen, die der frühere Grünen-Chef ganz knapp gewann. Die FPÖ brachte die Stichwahl damals wegen Unregelmäßigkeiten seitens der Wahlbehörden vor den Verfassungsgerichtshof, der die Wahl aufhob. Die Wiederholung war für 2. Oktober angesetzt, wurde aber wegen Problemen mit dem Klebstoff auf den Wahlkartenkuverts auf Dezember verschoben.
500.000 Euro Schadenersatz an die Republik
Die für die fehlerhaften Kuverts verantwortliche Firma hat bereits 2017 500.000 Euro Schadenersatz an die Republik bezahlt. Mit weiteren Regressforderungen rechnen müssen allerdings die Leiter jener 14 Wahlbehörden, deren fehlerhaftes Vorgehen bei der Auszählung der Stimmen für die Wahlwiederholung verantwortlich war. Die Finanzprokuratur hat nämlich Schadenersatzklagen gegen sie angekündigt.
(APA/Red.)