Die Jazzlegenden, Po' Boys und Totenköpfe von New Orleans

French Quarter - New Orleans
French Quarter - New Orleans(c) Getty Images/iStockphoto (Aneese)
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New Orleans kann mehr als nur Bourbon Street und Schaufelraddampfer. Wo man hingeht, isst und in einer Villa des örtlichen Theophil Hansen absteigt, verrät Tourguide Justin Woods.

Sie ist die Hauptstadt des Jazz und der Cajun-Küche genauso wie der US-Varianten von Voodoo-Mythen und Geisterhäusern: New Orleans zieht Menschen aus der ganzen Welt an – die sich dann im berühmten French Quarter mit seinen Bars, Marching Bands und schmiedeeisernen Balkonen oder dem idyllischen Garden District aufhalten, nächtliche Geistertouren buchen oder über Friedhöfe spazieren. Aber Nola (steht für New Orleans, LousianA), wie die Einheimischen ihre Stadt liebevoll nennen, kann weit mehr als nur das, was in Reiseführern zu finden ist. Nola abseits der allzu bekannten Touristenpfade – dafür ist Justin Woods Experte. Er lebt seit neun Jahren in der Stadt, hat schon als Kellner, Barkeeper und „fast alles“ gearbeitet und führt seit einigen Jahren als Tourguide der French Quarter Phantoms Besucher. Uns hat er seine Lieblingsorte verraten.

Wohnen

„Das Ace-Hotel ist die coolste Neueröffnung seit Jahren“, schwärmt Woods. „Dort gibt es eine spektakuläre Lobby-Bar, einen Rooftop-Pool mit zweiter Bar, Essen von gleich zwei guten Restaurants oder direkt am Pool, einen Coffee-Shop und eine Fotobox in der Lobby.“ Das neue Hotel liegt zwar im Central Business District und nicht im French Quarter, was manche Reisende aber der Ruhe wegen durchaus schätzen – zumal trotzdem alles fußläufig erreichbar ist, wie Woods gern betont: „Drumherum gibt es viele Restaurants, und das Quarter ist auch nur ein paar Blocks davon entfernt.“ Ace Hotel, 600 Carondelet St, acehotel.com/neworleans

Wenn es dagegen mitten im French Quarter sein soll, empfiehlt der Experte das Royal Street Inn. An der Royal Street gelegen, die mit vielen der berühmten Balkonen zu den schönsten im Quarter gehört, ohne den Rummel der Bourbon Street zu haben. Wobei man es zum nächsten Getränk hier auch nicht weit hat, denn direkt im Haus befindet sich die angesagte R Bar. „Warum sollte man in einem Bed & Breakfast absteigen, wenn man es auch in einem Bed & Bar tun kann?“, meint er. 1431 Royal St, royalstreetinn.com

Ein besonderes Bed & Breakfast weit weg vom fröhlichen Chaos des Quarters ist dagegen für Woods die Sully Mansion im historischen Garden District. Hier steht inmitten all der anderen schönen alten Villen das 1890 vom Thomas Sully – so etwas wie der Theophil Hansen von New Orleans – erbaute Haus, das zu den letzten gut erhaltenen echten „Sullys“ in New Orleans gehört. „Die Zimmer und das ganze Haus sind sehr elegant und gemütlich. Inhaberin Melinda behandelt ihre Gäste wie Freunde“, erklärt Woods, warum er Besuchern das Haus ans Herz legt. 2631 Prytania St., sullymansion.com

Louisiana crawfish boil
Louisiana crawfish boil(c) Getty Images/iStockphoto (sandoclr)

Speisen

Essen ist hier ein großes Thema, schließlich gilt New Orleans als Hauptstadt der Cajun-Küche und ist zudem berühmt für seine Po' Boys (Sandwiches mit üppig paniertem Belag) sowie Beignets (kleine Krapfen). Weshalb etwa das Café du Monde, das eben für seine Beignets berühmt ist, genauso wie das Commander's Palace, in dem es klassische Cajun-Küche gibt, gestürmt wird. „Was viele nicht wissen: Hier bekommt man zum Lunch Martinis für 25 Cent“, verrät Woods, was wohl zur fröhlich-entspannten Atmosphäre in der kulinarischen Institution der Stadt beiträgt.

Besuchern, die auf viele Touristen im Zweifelsfall auch gut verzichten können, legt der 32-Jährige andere Restaurants ans Herz. Die sich durchaus auch im French Quarter finden können, wie etwa das Green Goddess. „Dieses Lokal ist so winzig, dass man möglicherweise an einem Tisch mitten im Durchgang sitzen muss“, sagt der Guide, „aber das Essen ist besser als in den meisten Nobellokalen.“ Zu den von aller Welt inspirierten Gerichten gehört hier auch eine gute Auswahl an veganen und glutenfreien Speisen. Green Goddess, 307 Exchange Place, greengoddessrestaurant.com

Neuer ist dagegen das Aglio im Central Business District, „wo ein paar junge Küchenchefs mit einem ganz frischen Zugang zum Thema Feinkost experimentieren“, erklärt der Guide leidenschaftlich. „Dort wird das Fleisch selbst gesurt; unbedingt probieren sollte man den Compost Salad – das klingt zwar nicht besonders köstlich, ist aber sozusagen ,to die for‘“, schwärmt Woods. Aglio, 611 O'Keefe Avenue, Suite C-8, aglionola.com

Und ein Klassiker in Sachen Soulfood ist das Lil' Dizzy's, das zwar nicht an einer der idyllischsten Ecken der Stadt liegt, aber dafür zu den echten Klassikern von New Orleans gehört. „Das Lil' Dizzy's ist seit Generationen in Familienbesitz, hier bekommt man mit Sicherheit die besten traditionellen Gerichte der Stadt. Am besten geht man am Wochenende zum Brunch-Buffet, da kann man von allem etwas probieren.“ 1500 Esplanade Ave, lildizzyscafe.net

Shopping

„Interessiert man sich für Mode, muss man unbedingt in einen der Trashy-Diva-Shops in der Stadt gehen“, sagt Woods. Jeder Shop hat einen eigenen Fokus, entweder auf Kleider, Schuhe oder Lingerie, vor allem im Stil der 40er- und 50er- Jahre. trashydiva.com

Wenn es etwas mehr casual, dafür auch mit mehr Lokalkolorit sein darf, sind für Woods die Dirty-Coast-Shops ein Muss. „Angefangen hat es als T-Shirt-Shop, inzwischen bekommt man dort alles zum Thema Nola – von Taschen bis Socken, Kleidung, Bücher oder Schmuck. Und alles wird hier vor Ort produziert“, berichtet er. Allen, die sich intensiver mit der Stadt auseinandersetzen wollen, empfiehlt der Local einen Besuch im Garden District Book Shop im Rink Shopping Center. „Da gibt es überhaupt ein paar nette Geschäfte, aber dieser exzellente Buchladen ist auf Lokales spezialisiert, hier findet man einige signierte Editionen.“ 2727 Prytania Street, dirtycoast.com

Ausgehen

Blues
Blues(c) Getty Images/iStockphoto (RickLordPhotography)

Im Nachtleben New Orleans' dreht sich natürlich alles um Live-Musik. Davon gibt es viel und auch Lautes; vor allem entlang der berühmt-berüchtigten Bourbon Street reihen sich entsprechende Lokale aneinander, die zum Großteil mit fröhlich-alkoholisierten Touristen gefüllt sind. Das kann man mögen, muss man aber nicht. Ebenso bekannt, eher auf der Seite der Jazzbegeisterten und Locals, ist die Frenchmen Street: Das Snug Harbor ist laut Woods das beste klassische Jazzlokal. 626 Frenchmen Street, snugjazz.com

Seine persönlichen Favoriten liegen aber abseits: Dazu gehört die Siberia Lounge, „die als perfekte Bar für Punkrock-Veranstaltungen bekannt ist und auch bei Metal-, Hip-Hop-, Folk- und Comedyfans beliebt ist. Zudem gibt's dort sogenanntes slawisches Soul Food“, sagt Woods, „dafür gehe ich dort mindestens so gern hin wie wegen der Musik.“ 2227 St Claude Avenue, siberialounge.com

Ein etwas jüngeres Publikum findet sich im Gasa Gasa an der Freret Street. „Die ausgezeichnete Soundanlage nutzen Bands auf TLouisiana crawfish boilournee genauso wie lokale Gruppen“, weiß der Guide. Ein weiterer Grund fürs Gasa Gasa ist neben den netten Barkeepern auch die Lage inmitten etlicher anderer cooler Bars und Restaurants. 4920 Freret Street, gasagasa.com

Eine absolute Institution, die man nicht verpassen sollte, ist das Tipitina's. „Es umfasst mehrere Bars und eine riesige Bühne, auf der die besten Gruppen der Stadt und von außerhalb spielen“, erklärt Woods. „Das Tipitina's unterstützt überdies eine Stiftung zur Förderung von Musikerziehung für Kinder.“ facebook.com/tipitinasnola

Ganz oben auf Woods' Liste stehen die beiden verbundenen Galerien Haunt Nola und Deurty Boys im French Quarter. „Die beiden sind auf Fun Pop Art spezialisiert, hier sieht man Wandarbeiten aus recycelten Materialien und Bilder prominenter Gesichter.“ 607 Dumaine Street, deurtyboys.com, facebook.com/hauntnola

Ganz groß wird in der Stadt der Totenköpfe und Voodoo-Mythen auch die Tätowierkunst geschrieben. Der beste Platz für Erinnerungen dieser Art ist für Woods das Treasure Tattoo. „Ein winziger Laden, deren Eigentümerinnen hingebungsvoll an der Kunst am Körper arbeiten“, berichtet der Stammkunde des Hauses. „Außerdem hängen dort Bilder lokaler Künstler zum Verkauf.“ 2350 St. Claude Avenue, treasuretattoo.com

Und einfach schön zum Anschauen sind die Skulpturen des Sydney and Walda Besthoff Sculpture Garden des New Orleans Museums of Art im City Park. „Das ist die diverseste und faszinierendste Sammlung an Skulpturen, die ich kenne“, sagt Woods über die Freiluftsammlung. „Der Eintritt ist frei, und auch der City Park selbst ist ein wunderbarer Ort.“ New Orleans Museum of Art, One Collins C. Diboll Circle, noma.org

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.03.2019)

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