William Barr im Kreuzfeuer der Kritik

Der Senat lud Justizminister William Barr zu einem Hearing vor. Nach wie vor scheidet der Mueller-Report die Geister.
Der Senat lud Justizminister William Barr zu einem Hearing vor. Nach wie vor scheidet der Mueller-Report die Geister.REUTERS
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Der Justizminister wurde vom Kongress „gegrillt“, Demokraten beschuldigen ihn, Trump schützen zu wollen. Auch Sonderermittler Mueller sieht sich durch Barr falsch interpretiert.

New York. Stellte Justizminister William Barr die Ergebnisse von Sonderermittler Robert Mueller bewusst verfälscht dar, um Donald Trump zu beschützen? Diese Frage beschäftigt die Amerikaner seit Wochen. Nun bekam die Theorie neue Nahrung. Mueller selbst, republikanischer Parteikollege und Freund Barrs, sandte dem Minister einen Brief, in dem er indirekt ebendies behauptet. Barrs Darstellung habe „den Kontext der Untersuchungen nicht voll erfasst“ und zu „öffentlicher Verwirrung“ geführt, schrieb Mueller.

Barrs Anhörung vor dem Senat wurde am Mittwoch darum mit Spannung erwartet. Selbst Rücktrittsforderungen von demokratischer Seite an den Justizminister wurden laut. Dieser zeigte sich kämpferisch und griff Mueller an. Er, Barr, habe dem Sonderermittler angeboten, seine vierseitige Zusammenfassung des Reports, die er Ende März veröffentlichte, vorab gegenzulesen. Mueller habe abgelehnt und sie stattdessen nachher kritisiert. Außerdem: „Die Tatsache, dass er zum Tatbestand der Justizbehinderung keine Entscheidung traf, überraschte mich.“

Vorwürfe Muellers

Ex-FBI-Chef Mueller untersuchte knapp zwei Jahre lang die russische Einmischung in die US-Präsidentschaftswahl 2016 und die damit in Verbindung stehende Rolle des Trump-Wahlkampfteams. Vom Vorwurf der verschwörerischen Kooperation mit Moskau sprach der Ermittler Trump frei. Allerdings listete er zehn Punkte auf, die auf eine mögliche Justizbehinderung durch den Präsidenten hindeuten. So habe Trump unter anderem seinen damaligen Anwalt, Donald McGahn, angeleitet, dem Justizministerium eine Entlassung Muellers nahezulegen.

Dieses Detail ließ Barr in seiner Zusammenfassung aus. Er erwähnte lediglich, dass Mueller keine endgültige, strafrechtliche Entscheidung zu dem Thema getroffen habe. Es sei üblich, derartige Vorwürfe nur in Verbindung mit einem Urteil zu veröffentlichen, weshalb Barr selbst Trump vom Vorwurf der Justizbehinderung freisprach. Dieser ließ sich nicht zweimal bitten: Der Mueller-Report sei „eine komplette und totale Entlastung“, sagte Trump noch vor Veröffentlichung des 440 Seiten starken Berichts.

Die nunmehrige Kritik Muellers an Barr lässt den Bericht in einem anderen Licht erscheinen. Tatsächlich hatte auch der Sonderermittler mehrere Versionen für ein zusammenfassendes Statement vorbereitet, die Barr ignorierte. Mueller ließ das Justizministerium in seinem Brief wissen: Die wenige Tage zuvor veröffentlichte Zusammenfassung Barrs „droht, das zentrale Ziel zu untergraben, für das das Ministerium den Sonderermittler bestellte: Das volle öffentliche Vertrauen in die Ergebnisse der Untersuchungen.“

Barr wittert „Spionage“

Das Kreuzverhör Barrs am Mittwoch im Senat war nur der erste Teil einer monatelangen Konfrontation zwischen den Republikanern und den oppositionellen Demokraten. So wollen die Konservativen um Senator Lindsey Graham, den Vorsitzenden des Justizausschusses, unter anderem die Ursprünge der Untersuchungen gegen Trump ins Visier nehmen. Die FBI-Ermittlungen gegen den Präsidenten seien aus parteipolitischen Gründen erfolgt – eine Anschuldigung, die auch durch Barr, der von „Spionage“ sprach, neuen Sprengstoff bekommen hatte.

Die Demokraten wiederum werden weitere Vorladungen aussprechen, selbst die Einleitung eines Verfahrens zur Amtsenthebung Trumps ist nicht völlig vom Tisch. Der politische Kampf wird sich aller Voraussicht nach bis zu den Wahlen im November 2020 hinziehen. Als nächstes könnte schon bald ein Auftritt Muellers vor dem Kongress bevorstehen. „Ich glaube, dass dieses Komitee auch Mueller hören muss“, sagte die demokratische Senatorin Dianne Feinstein. Bisher mied der Sonderermittler jede öffentliche Aussage. Robert Mueller bevorzugte es, im Hintergrund zu agieren.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.05.2019)

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