Südafrika: Mandelas Erben bleiben an der Macht

25 Jahre an der Macht – und immer noch eine absolute Mehrheit für den ANC, die freilich von Mal zu Mal schmäler wird. Präsident Cyril Ramaphosa bewahrte die Partei nach den Korruptionsaffären seines Vorgängers Jacob Zuma vor noch größeren Verlusten.
25 Jahre an der Macht – und immer noch eine absolute Mehrheit für den ANC, die freilich von Mal zu Mal schmäler wird. Präsident Cyril Ramaphosa bewahrte die Partei nach den Korruptionsaffären seines Vorgängers Jacob Zuma vor noch größeren Verlusten.(c) APA/AFP/MARCO LONGARI
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Bei den Wahlen verteidigt der ANC trotz zahlreicher Korruptionsskandale die absolute Mehrheit. Die Stimmverluste halten sich noch in Grenzen – dank des Präsidenten.

Kapstadt. Die ersten Hochrechnungen deuteten auf eine schwere Schlappe für die Regierungspartei ANC hin – und das ist für südafrikanische Verhältnisse ein Abrutschen unter die 60-Prozent-Marke. Bei den Parlamentswahlen zeichnete sich das schlechteste Ergebnis in der Geschichte des African National Congress ab. Auch die Wahlbeteiligung war mit rund 65 Prozent so niedrig wie nie, was sich negativ für den ANC niederschlug.

Für die Partei ist das Ergebnis ein Dämpfer, im Hinblick auf ihre Skandale aber ein überraschend kleiner. Der ANC verdankt seine Popularität weit mehr seiner Geschichte als älteste Befreiungsorganisation Afrikas (seit 1912) als seiner Leistung in Regierungsverantwortung (seit 1994). Nach der systematischen Plünderung der Staatskassen unter Jacob Zuma, den der ANC neun Jahre ungestört gewähren ließ, kann der seit 15 Monaten amtierende Präsident Cyril Ramaphosa das Ergebnis wohl als größtmögliche Schadensbegrenzung verbuchen.

Denn für die beiden größten Oppositionsparteien, die liberale Democratic Alliance (DA, voraussichtlich 23 Prozent) und die linkspopulistischen Economic Freedom Fighters (EFF, rund neun Prozent), fallen die Zugewinne überschaubar aus. Bei den parallel stattfindenden Provinzwahlen verteidigt der ANC zudem wohl seine absolute Mehrheit in acht der neun südafrikanischen Provinzen. Lediglich das Westkap wird weiterhin von der DA regiert werden. „Der ANC lächelt, leise und diskret, aber er lächelt eindeutig“, kommentierte die Online-Nachrichtenseite Daily Maverick.

Putschgerüchte

Ramaphosa, der im ANC den eher wirtschaftsfreundlichen Flügel anführt, dürfte seine wacklige Position an der Parteispitze damit zumindest vorerst gefestigt haben. Hartnäckig halten sich Gerüchte, wonach die Parteilinke um Vize-Präsident David Mabuza und Generalsekretär Ace Magashule den Sturz des Präsidenten plant – wohl wissend um die Gefolgschaft so mancher Zuma-Getreuen, denen Ramaphosa mit Konsequenzen für die schamlose Korruption der vergangenen Jahre gedroht hatte.

Das Wahlresultat könnte das Land vor einer wirtschaftlichen Katastrophe bewahren. Spätestens im November wird die Ratingagentur Moody's die Kreditwürdigkeit Südafrikas neu bewerten. Sie ist die letzte der drei großen Ratingagenturen, die das Land gerade noch auf Investmentniveau führt.

Ohne die von Ramaphosa angestrebten investorenfreundlichen Reformen und Kostensenkungen für den aufgeblähten Staatsapparat droht die Abstufung. Sie würde die ohnehin schwache Wirtschaft auf lange Zeit strukturell schwer beschädigen. Das kürzlich erklärte Ziel von Ramaphosa, Investitionen in Höhe von 100 Milliarden Dollar nach Südafrika zu locken, würde damit endgültig zur Utopie verkommen. Aktuell belegt Südafrika auf der Weltbank-Liste zum investorenfreundlichen Klima nur den 82. Platz. Innerhalb eines Jahrzehnts stürzte das Land um 50 Positionen ab. Während viele andere afrikanische Länder Bürokratie abgebaut haben, erschwerte Südafrika Unternehmensgründungen und den Markteinstieg.

Richtungsweisend wird die Besetzung des Kabinetts sein. Ramaphosa hat – anders als bei den oft einflussreicheren ANC-Spitzenpositionen – zwar freie Hand. Doch er ist mit Ausnahme von zwei Posten auf die ANC-Kandidatenliste angewiesen. Darauf finden sich durchaus fähige Politiker wie der Minister für Staatsunternehmen, Pravin Gordhan. Vor ihm sind indes Politiker mit desaströser Bilanz gereiht, wie Gorhans Vorgänger Malusi Gigaba oder Bathabile Dlamini, unter deren Aufsicht das System für die Auszahlung an die 17 Millionen Sozialhilfeempfänger beinahe kollabierte. Dutzende Kandidaten gehören zudem zum Kreis der Beschuldigten in Korruptionsskandalen. Ramaphosas Handlungsspielraum ist begrenzt.

Das endgültige Endergebnis wird auch Aufschluss geben über die Aussichten für eine Landreform. ANC und EFF trieben zuletzt eine Verfassungsänderung voran, die entschädigungslose Enteignungen weißer Farmer ermöglichen würden. Angesichts der ANC-Verluste könnte den Parteien aber die nötige Zweidrittelmehrheit im Parlament abhandenkommen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.05.2019)

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