Der litauische Premier Saulius Skvernelis scheitert bei der Präsidentenwahl und reicht den Rücktritt ein. In die Stichwahl haben es zwei Wirtschaftsexperten geschafft.
Vilnius/Warschau. Bei den Präsidentschaftswahlen in Litauen kommt es erwartungsgemäß zu einer Stichwahl am 26. Mai, gleichzeitig mit der Europawahl: Zwei Wirtschaftswissenschaftler werden sich dann ein Kopf-an-Kopf-Rennen liefern. Dies zeichnete sich am Montag nach Auszählung aller Stimmen des ersten Wahlganges ab.
Demnach gewann am Sonntag die einstige Finanzministerin Ingrida Simonyte mit 31,35 Stimmen knapp vor dem unabhängigen ex-Banker Gitanas Nausėda (31,16%). Klar gescheitert ist mit knapp unter 20 Prozent der populistische Premierminister Saulius Skvernelis vom „Verbund der Bauern und Grünen“. Von den weiteren sechs Kandidaten erreichte keiner mehr als fünf Prozent. Der von der polnischen und russischen Minderheit unterstützte Minderheitenpolitiker Waldemar Tomaszewski kam mit vier Prozent auf ein klägliches Resultat. Offiziell leben in Litauen 6,6 Prozent Polen und 5,8 Prozent Russen. Die Wahlbeteiligung lag für den größten Baltenstaat bei guten 57 Prozent.
Einst beliebter Innenminister
Skvernelis zog die Konsequenzen aus seinem Wahldebakel und kündigte am Montagmorgen zerknirscht seinen Rücktritt als Regierungschef per Juli an. „Mein Scheitern an der Stichwahl ist eine Wähler-Evaluation, der ich mich stelle“, sagte Skvernelis im litauischen Staatsfernsehen LRT.
Der einst beliebte Innenminister führt seit Dezember 2016 eine von den Sozialdemokraten unterstützte Minderheitsregierung an. Laut Skvernelis werden sein „Verbund der Bauern und Grünen“ sowie die Sozialdemokraten zuerst versuchen, in den eigenen Reihen einen mehrheitsfähigen neuen Premierminister zu finden. Vor der Wahl hatte es noch geheißen, wenn Skvernelis bei den Präsidentenwahlen scheitere, solle die oppositionelle, konservative „Heimatunion“ eine neue Regierung bilden. Reguläre Neuwahlen stehen erst 2020 an. Dabei hängt vieles auch vom Abschneiden der beiden größten Parteien in Litauen bei den Europawahlen ab.
Erfreut über Skvernelis klares Scheitern zeigte sich die nach zehn Jahren Amtszeit abtretende Staatspräsidentin Dalia Grybauskaitė, die in Brüssel als Nachfolgerin von Donald Tusk gehandelt wird. „Die Wahlen zeigten die Reife der litauischen Gesellschaft“, sagte Grybauskaitė am Montag. „Das Volk steht zu seinen Werten und hat sich weder von Populismus noch Angstmache beeinflussen lassen“, meinte sie Richtung Regierung, mit der sie im Dauerclinch liegt.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.05.2019)