Holocaust-Ausstellung: Spontaner Schutz für Bilder

Drei Bilder wurden zerschnitten.
Drei Bilder wurden zerschnitten. (c) APA/LUKAS HUTER
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Nach einer erneuten Beschädigung wollen Caritas, Künstler und Muslime die Bilder von NS-Opfern bewachen.

Wien. Erst wurden die Bilder zerschnitten, dann beschmiert, auch mit Hakenkreuzen, und zuletzt, bei der dritten Attacke in wenigen Tagen, wurden Löcher in die Bilder geschnitten, die Gesichter der NS-Überlebenden, die darauf abgebildet sind, großflächig zerschnitten. „Österreich, was ist los mit dir?“, mit diesen Worten postete der Fotograf Luigi Toscano Fotos seiner zerstörten Werke im Internet.

Drei Mal wurden die großformatigen Porträtfotos von Überlebenden der NS-Verfolgung nun in wenigen Tagen verwüstet. Zuvor war die Ausstellung in vielen Städten zu sehen, in den USA, Europa, derartiges gab es nur in Wien, sagt Peter Schwarz, der Geschäftsführer des Zentrum Esra, das – es betreut seit 25 Jahren Überlebende der NS-Verfolgung – die Schau nach Wien geholt hat. Schwarz äußert seine Bestürzung – auch wenn es nur Einzelne seien, die in Wien so aggressiv auf Bilder Holocaustüberlebender reagieren.

Die wiederholten Attacken auf die Bilder, die mitten in der Stadt, an der Ringstraße beim Heldenplatz ausgestellt sind, haben für eine große Welle der Betroffenheit und der Unterstützung gesorgt: Von Bundespräsident Alexander Van der Bellen, der die Ausstellung am 7. Mai eröffnet hatte, abwärts äußerten Unzählige ihre Betroffenheit, vor allem im Internet. Am Ort der Ausstellung, vor den Bildern, wurden Blumen abgelegt.

Und schon wenige Stunden nach der neuerlichen Zerstörung saßen dort Freiwillige auf Campingsesseln, um auf die Bilder aufzupassen: Künstler des Performance-Kollektivs Nesterval hatten sich rasch mit einem Kartonschild mit der Aufschrift „Gegen das Vergessen. Wir stehen für euch Wache“ postiert. Pausenlos sollten die Bilder bis zum Ende der Schau am 31. Mai bewacht werden, man wolle sich dabei alle paar Stunden abwechseln, hieß es von Nesterval.

Und dafür gibt es viel Unterstützung: Die youngCaritas hat unter dem Motto „Wir passen auf!“ am Montagnachmittag zur Mahnwache gerufen, auch von der Caritas hieß es, man wolle bis zum Ende der Ausstellung für Schutz sorgen. Die Muslimische Jugend Österreich hat zu einer Nachtwacheaktion aufgerufen, denn Muslime seien derzeit, im Ramadan, nachts ohnehin wach, weil sie ihr Fasten brechen, das Nachtgebet verrichten oder sich auf den neuen Fastentag vorbereiten, hieß es.

Peter Schwarz hatte zuvor Schutz der Behörden gefordert: Während er nach den ersten beiden Attacken meinte, es könne nicht sein, dass so eine Ausstellung Polizeischutz braucht, hieß es nach dem dritten „Zwischenfall“, man erwarte von Behörden Maßnahmen – ob Videoüberwachung oder Schutz durch Beamte vor Ort.

Polizei verstärkt Streifen

Von der Wiener Polizei hieß es am Montag, die Ermittlungen durch das Landesamt für Verfassungsschutz (LVT) laufen. Derzeit werde geprüft, ob der Platz durch Videoüberwachung abgedeckt sei. Auch wird der Platz nun stärker bestreift, direkte polizeiliche Überwachung gibt es aber nicht.

Die Ausstellungsmacher wollen sich durch die Störaktionen nach denen mehrere Bilder entfernt werden mussten nicht entmutigen lassen. Im Gegenteil. Man habe viel Unterstützung erfahren, das motiviere, die Ausstellung erst recht zu zeigen. Nach dem Ende in Wien am Freitag sollen die Bilder in mehreren Landeshauptstädten gezeigt werden, sagt Schwarz. Schließlich sei es, abgesehen von der Aufklärung der Taten und Bestrafung der Täter, wichtig, solchen Menschen die Geschichte zu erklären und zu zeigen, welches Leid das NS-Regime brachte.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.05.2019)

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