Den Papst zieht es neuerlich auf den Balkan

Bis zum Sonntag besucht Papst Franziskus Rumänien.
Bis zum Sonntag besucht Papst Franziskus Rumänien.APA/AFP/DANIEL MIHAILESCU
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Bis zum Sonntag besucht Papst Franziskus Rumänien. Die Visite steht im Zeichen mehrerer Seligsprechungen und der aktuellen politischen Krise im Land. Die Politikertreffen können brisant werden.

Bukarest. Keine vier Wochen nach seiner Visite in Bulgarien und Nordmazedonien besucht Papst Franziskus erneut den Balkan. Reiseziel ist bis zum Sonntag Rumänien, wo als erster und bisher einziger Papst vor 20 Jahren Johannes Paul II. zu Gast war. Laut einer Umfrage halten zwei Drittel der mehrheitlich orthodoxen Rumänen die Visite des katholischen Kirchenoberhaupts für wichtig.

Die Papstreise findet zu einem politisch heiklen Zeitpunkt statt, ist die sozialdemokratische Regierung in Bukarest doch derzeit mit massiver Kritik wegen ihres Drucks auf die Justiz konfrontiert. Der starke Mann der Sozialdemokraten, Parlamentspräsident Liviu Dragnea, trat erst in dieser Woche eine Haftstrafe wegen Korruption an. Der Papst komme in ein politisch gespaltenes Land, sagte der Erzbischof von Bukarest, Ioan Robu, im Vorfeld.

Höhepunkt des Besuchs ist die Seligsprechung von sieben griechisch-katholischen Märtyrerbischöfen aus kommunistischer Zeit im siebenbürgischen Blaj. 100.000 Gläubige werden dort auf dem „Freiheitsfeld“ zu einer Messe erwartet. Auch eine große Messe im Marienort Şumuleu Ciuc, ein Treffen mit Roma und Begegnungen mit der Staatsspitze in Bukarest sind geplant.

Anders als im Mai in Sofia wird der Papst nicht allein in einer orthodoxen Bischofskirche beten müssen. Heute steht in der neuen orthodoxen Kathedrale in Bukarest ein gemeinsames Vaterunser-Gebet auf dem Programm. Ob der rumänisch-orthodoxe Patriarch Daniel daran teilnimmt, ist ein Indikator für den Stand der Ökumene.

Seit dem Ende des Ceausescu-Regimes erlebt die orthodoxe Kirche, der rund 85 Prozent der knapp 20 Millionen Menschen angehören, einen Aufschwung. Es gibt 15 theologische Fakultäten und über 500 Klöster. Ausdruck dieses Aufschwungs ist die erst im November 2018 fertiggestellte „Kathedrale zur Erlösung der Nation“ in Bukarest, die zu den größten orthodoxen Gotteshäusern weltweit gehört.

Präsident Johannis im Clinch

Brisanter könnten die politischen Begegnungen werden, beim Empfang im Cotroceni-Palast zuerst durch Staatspräsident Klaus Iohannis und anschließend bei Ministerpräsidentin Viorica Dancila, die miteinander im Clinch liegen. Ob sich Franziskus politisch äußert, ist offen. Er wird aber sicher die vielen Rumänen erwähnen, die ihre Heimat auf der Suche nach Arbeit und einem besseren Leben verlassen haben – viele als Alterspflegerinnen nach Italien.

Das offizielle Motto des Pastoralbesuchs lautet „Lasst uns gemeinsam gehen“, das Logo zeigt Gläubige mit einem Kreuz unter dem Schutz der Muttergottes. Sie nehmen Bezug auf die Klosterkirche Heilige Maria in Şumuleu Ciuc, die ein beliebtes katholisches Wallfahrtsziel ist, und wohin der Papst am Samstag als Pilger reisen wird. Am Nachmittag des Abschlusstags ist ein Treffen mit Roma in Blaj vorgesehen. Knapp zehn Prozent der Bevölkerung sind Roma, offiziell bekennen sich jedoch nur drei Prozent zu ihrer Volkszugehörigkeit.

Rumänien gilt als eines der religiösesten Länder in der EU. Mehr als 80 Prozent der Bewohner bekennen sich zur rumänisch-orthodoxen Kirche. Mit circa 17 Millionen Mitgliedern ist die rumänische nach der russisch-orthodoxen Kirche die zweitgrößte der orthodoxen Nationalkirchen. Die ungarische Minderheit Rumäniens gehört der römisch-katholischen Kirche an. (APA)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.05.2019)

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