"Viennafair": Mit einem lachenden Auge

Viennafair einem lachenden Auge
Viennafair einem lachenden Auge(c) FABRY Clemens
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Die Kunstmesse "Viennafair" ringt mit Euro-Krise und mangelnder Treue. Die einfachste Art, in Österreich zeitgenössische Kunst zu kaufen, ist sie trotzdem.

Die Partys waren eine Katastrophe – die Rinderhallen St. Marx eiskalt. Und im Nestroy-Hof durfte man weder rauchen noch tanzen. So die eine Sicht der Dinge. Es gibt (zumindest in Wien) immer noch eine zweite: Die Installation mit den roten Vorhängen von Heimo Zobernig bei der Eröffnungsparty war eine Wucht. Und im Nestroy-Hof hat man sich endlich einmal ungestört unterhalten können. Also wie jetzt?

Die Wiener Kunstszene ist ein wenig schizophren. Am besten ist das seit sechs Jahren bei der „Viennafair“ zu beobachten, Wiens erster professioneller und internationaler Messe für zeitgenössische Kunst am Wiener Messegelände. Den Hallenplan kann man, ist man gemein, einfach in der Mitte umknicken. Dann findet man vorne, beim Eingang, die international agierende Wiener Galerienszene (und die intern am besten Vernetzten). Im hinteren Teil, nahe der monströsen Land-Niederösterreich-Tribüne, tummeln sich eher die lokalen Großen und Kleinen.


Alles hat Berechtigung. Skandal? Nein. Alles hat Berechtigung, wofür es einen Markt gibt. Und den scheint es für schwierige bis witzige Objektkunst junger Künstler mehr denn je zu geben (geht man nach dem Angebot in den Kojen). Aber auch für Werke älterer österreichischer Meister. Alles findet man auf der „Viennafair“, deren international ausstrahlendes Plus dennoch der Schwerpunkt auf die von der Erste Bank gesponserten Galerien aus Ost- und Südosteuropa ist. Ihr Angebot für das Publikum ist spannend, auch finanziell. Trotzdem herrschen, wie schon in den Jahren zuvor, eher lange Gesichter – das große Geschäft macht in Wien niemand (die Schlagzeilen der Euro-Krise taten heuer wohl ihr Übriges). Die wenigsten dieser Galerien kehren deshalb wieder, haben sie einmal den Sprung ins internationale Messegeschehen, nach Basel, London, geschafft. Ein erstes Sprungbrett ist Wien allemal. Das bisschen Treue müsste wohl mit anderen Taktiken eingefordert werden, hier gäbe es für die Messeleitung sicher noch Potenzial.

Aber auch hier gibt es Ausnahmen: Der junge rumänische Galerist Marian Ivan etwa strahlt: Er ist den mutigen Weg gegangen, hat seine jungen Maler aus Cluj zu Hause gelassen – und eine Grande Dame der rumänischen Konzeptkunst, Geta Bratescu, Mitte 70, mitgenommen, zumindest ihre zarten Seidenpapiercollagen, „Gewänder für ephemere Feste“. Er habe tollen Response, erzählt er. Mehr braucht er anscheinend nicht, um glücklich zu sein.

Doppelbelastung. Dana Charkasi, junge Wiener Galeristin, wirkt eher verzweifelt. Der Aufwand ist für kleine Betriebe enorm. Bei ihr kommt die Doppelbelastung dazu – sie ist eine von 20 Galeristen, die bei dem von der Wiener Kreativförderagentur „departure“ geförderten Kuratorenprogramm mitmachen. Parallel zur Messe zeigen diese Galerien von Künstlern kuratierte Ausstellungen. Darunter einige Kapazunder – Charkasi etwa konnte Pawel Althamer gewinnen, der mit seinen Studierenden der Wiener Akademie antrat. Und selbst eine neue Videoinstallation beisteuerte – er ließ sich in der Virgilkapelle zum Goldenen Sozialarbeiter-Ritter schlagen.

Das „departure“-Programm ist ein weiteres ambivalentes Vergnügen: Einerseits tolles Zusatzprogramm für die internationalen Gäste, die sich so über Ausstellungen von Stars wie Tony Oursler, Albert Oehlen, den „blue noses“ freuen können. Andererseits wird viel Galeristenkraft von der Messe abgezogen. Einige von ihnen, vor allem die der Eschenbachgasse, haben sich heuer überhaupt nur für das „departure“-Programm entschieden. So kommen die Sammler zu ihnen, auch wenn sie nicht auf der Messe vertreten sind.

Welche Sammler?, fragten einige. Dann kamen sie wohl nicht an ihren Stand. Sowohl aus den Bundesländern als auch aus England, Deutschland, den USA waren sie angereist. Innerhalb Österreichs ist die „Viennafair“ immer noch die beste Gelegenheit, neue Sammler für zeitgenössische Kunst kennenzulernen. Und zu begeistern. So niederschwellig wie in dieser Messehalle im Prater ist der Zugang sonst nie.

Nur noch So., 11–18 Uhr, freier Eintritt für Mütter und Kids bis 14 Uhr.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.05.2010)

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