Ein Turm bekommt Farbe

Künstlerduo unweit von dem einstigen Kletterturm am Donaukanal, der heute schon bunt sein wird: Andreas von Chrzanowski (Case Maclaim) und seine Frau, Samira.
Künstlerduo unweit von dem einstigen Kletterturm am Donaukanal, der heute schon bunt sein wird: Andreas von Chrzanowski (Case Maclaim) und seine Frau, Samira.(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Mehr als 800 Quadratmeter werden heute am Donaukanal besprayt. Unter anderem dabei: der renommierte Street-Art-Künstler Case Maclaim.

Was für die Fassade des früheren Kletterturms bei der Spittelauer Lände genau geplant ist, das will Case Maclaim noch nicht verraten. Ein Hund dürfte vorkommen, so viel hört man heraus. Der deutsche Street-Art-Künstler – mit bürgerlichem Namen Andreas von Chrzanowski – und seine Frau, Samira, lachen. Denn die Entstehung des Werks ist irgendwie Teil des Ganzen: Im Lauf des heutigen Tages dürfte sich nach und nach abzeichnen, was es wird.

Ähnliches gilt für acht Stadtbahnbögen entlang des Donaukanals, die in den vergangenen Tagen weiß und schwarz grundiert wurden: 20 internationale Street-Art-Künstler werden hier heute im Rahmen des One Year Festival mehr als 800Quadratmeter Fläche gestalten. Neben Nychos – dem heimischen Aushängeschild der Szene, der in Wien etwa das Freud-Graffito in dem Bogen neben dem Kletterturm gestaltet hat – kommen Künstler aus unterschiedlichesten Ländern, um der Gegend (neue) Farbe zu geben.

Case Maclaim wird dafür ein charakteristisches Kunstwerk beisteuern: 1979 in der damaligen DDR geboren und ursprünglich erst zum Maler, danach zum Restaurator ausgebildet, gilt er als einer der Pioniere der fotorealistischen Street Art und war Mitgründer der Sprayergruppe Ma'Claim. Ein häufig wiederkehrendes Thema seiner Bilder sind dabei Hände – wie etwa in dem Werk „Unter der Hand“ in Berlin, auf dem sich zwei Hände überlappen.

„Hände erzählen eine Geschichte“

„Im öffentlichen Raum muss man immer so schnell wie möglich das vermitteln, was man transportieren will“, sagt Samira von Chrzanowski. „Das geht oft einfacher über solche universelle Dinge wie Hände.“ Unlängst hätten sie auch in einer orthodoxen jüdischen Gemeinde gearbeitet, in der Darstellungen von Frauen unerwünscht sind, ähnlich sei das mitunter auch im arabischen Raum. „Und da kann man immer noch eine Geschichte über die Hände erzählen.“

Überhaupt hat Case Maclaim bereits fast in der ganzen Welt seine typischen Werke hinterlassen, von den USA über Haiti und Dubai bis China. „Neuseeland kommt heuer noch“, sagt seine Frau, mit der er seit 13 Jahren zusammenarbeitet. In Wien ist er für den rund 25 Meter hohen Turm an der Spittelauer Lände allerdings zum ersten Mal aktiv. „Tatsächlich ist Wien eine der wenigen Städte, in denen wir noch nichts gemacht haben“, sagt Samira von Chrzanowski. „Das ist eigentlich wirklich schräg.“

An der Stadt liege das allerdings überhaupt nicht. „Ich finde Wien sehr offen, offener als Deutschland, würde ich sagen“, so der Künstler. Bei legalen Flächen zum Sprayen stehe die Stadt ganz gut da, meint auch Fabian Pohl (Montana Store), mit Paul Hoffmann von der Graffiti-Agentur Concrete Initiator des Festivals. „Was immer mehr wird, ist, dass das ins Stadtbild eingebaut wird, etwa auf Brandschutzwänden. Das ist jetzt im Kommen.“

Das, was an der Spittelauer Lände heute, Samstag, entsteht, gehört zu Zweiterem: Die Bilder befinden sich nicht auf Flächen, die jeder nach Belieben be- und übersprayen kann, sondern sind als bleibende Kunstwerke gedacht – so wie etwa auch die Ratte des belgischen Street-Art-Künstlers Roa, die auf einem der dortigen Stadtbahnbögen prangt. Wer dabei sein möchte, wenn Case Maclaims Kunstwerk daneben Formen annimmt: Ab 15 Uhr ist offiziell Publikum willkommen.

AUF EINEN BLICK

An der Spittelauer Lände gestalten 20 Street-Art-Künstler aus ganz Europa mehr als 800 Quadratmeter Fläche entlang der Spittelauer Lände. Darunter sind unter anderem Lugosis & Strato (It), Nychos (Ö) und Case Maclaim (D). Anlass des One Year Festival ist das einjährige Bestehen des Montana Store Vienna und der Graffiti-Agentur Concrete. Am Samstag ist das Festival ab 15 Uhr für Interessierte zugänglich, es gibt Street Food, Musik und Pop-up-Shops. In der Grellen Forelle wird später weitergefeiert.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.06.2019)

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