Mikroorganismen können Gold auflösen

Wir haben gelernt, dass Gold chemisch sehr stabil ist. Nun wird aber immer klarer, dass Mikroorganismen das Edelmetall aufzulösen vermögen – eine Entdeckung mit Folgen.

Gold ist ein seltenes Element: Die kontinentale Erdkruste enthält im Schnitt vier Gramm je 1000 Tonnen Gestein, in abbauwürdigen Lagerstätten sind es mehrere Gramm pro Tonne. Diese Spuren des Edelmetalls faszinieren den Menschen schon immer: Seit Beginn der Zivilisation wurden laut World Gold Council 187.200 Tonnen Gold abgebaut – das entspricht einem Würfel mit einer Kantenlänge von knapp 21 Metern.

Es gibt zwei Gründe für die immense Bedeutung von Gold. Zum einen ist es rar und daher wertvoll, zum anderen ist es chemisch extrem stabil und somit dauerhaft: Es oxidiert nicht an Luftsauerstoff und ist selbst in starken Säuren unlöslich – ausgenommen Königswasser (einer Mischung aus Salz- und Salpetersäure) sowie einigen anderen Substanzen, die aber in der Natur ebenfalls nicht vorkommen. Daher meinen wir, dass Gold ausschließlich in metallischer Form vorkommt.

Das ist allerdings (wie vieles andere Schulwissen auch) nur die halbe Wahrheit.

In der Erdgeschichte wurde und wird Gold immer wieder umgelagert und an manchen Stellen angereichert, eben in den heutigen Lagerstätten. Man dachte bisher, dass dafür Lösungsprozesse in Magma oder in salzigen Fluiden bei hohen Temperaturen und Drücken tief im Erdinneren verantwortlich sind. Seit einigen Jahren wird aber immer klarer, dass auch biologische Prozesse daran beteiligt sein können. Denn – so unglaublich es auch klingen mag: Manche Mikroorganismen sind in der Lage, metallisches Gold unter Bedingungen, wie sie an der Erdoberfläche herrschen, aufzulösen und (anderswo) als metallische Partikel wieder abzulagern. Das betrifft spezialisierte Bakterien, etwa eine Art mit dem klingendem Namen Cupriavidus metallidurans.

Kürzlich konnten australische Forscher um Tsing Bohu überdies zeigen, dass auch Allerweltspilze wie Fusarium oxysporum – ein weltweit verbreiteter Pflanzenschädling – diese Fähigkeit besitzen (Nature Communications, 23. 5.).

Diese Entdeckung ist in mehrfacher Hinsicht bedeutsam: Zum einen legt sie nahe, dass biologische Vorgänge bei viel mehr geologischen Vorgängen eine Rolle spielen als bisher gedacht. Zum anderen eröffnet sie auch ganz praktische Möglichkeiten: So ist es derzeit extrem aufwendig, wertvolle Bestandteile aus Elektroschrott zu recyceln. Dies wäre aber sehr lohnend – denn aus 40 alten Mobiltelefonen könnte so viel Gold gewonnen werden wie aus einer Tonne Erz.

Der Autor leitete das Forschungsressort der „Presse“ und ist Chefredakteur des „Universum Magazins“.

meinung@diepresse.com

www.diepresse.com/wortderwoche

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.06.2019)

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