John Kerry, Ibiza und die notwendige Kontrolle der Parteien

Das Vertrauen in die Politik ist nach der Ibiza-Affäre nachhaltig erschüttert (Bild: Eine Demonstration am Samstag, 18. Mai 2019, nach dem Veröffentlichen des 'Ibiza - Videos' in der Causa Strache am Ballhausplatz vor dem Bundeskanzleramt in Wien.)
Das Vertrauen in die Politik ist nach der Ibiza-Affäre nachhaltig erschüttert (Bild: Eine Demonstration am Samstag, 18. Mai 2019, nach dem Veröffentlichen des 'Ibiza - Videos' in der Causa Strache am Ballhausplatz vor dem Bundeskanzleramt in Wien.)(c) APA/HERBERT NEUBAUER
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Kann man sich Gefälligkeiten von der Politik erkaufen? Ja, wie man aus dem Ibiza-Video weiß. Die Konsequenz kann nur lückenlose Transparenz sein.

Man kann recht gut festmachen, warum der Demokrat John Kerry im Präsidentschaftswahlkampf 2004 gegen den amtierenden Präsidenten, George W. Bush, unterlag, obwohl der Republikaner wegen des Irak-Kriegs schwer angeschlagen war. Es waren unter anderem die „Swift Boat Veterans for Truth“, eine Vereinigung von Vietnam-Veteranen, die Kerry massiv unter Druck brachten. Sie warfen ihm in Dutzenden TV-Spots vor, im Vietnam-Krieg unverantwortlich gehandelt zu haben, daher sei er für den Job des Oberbefehlshabers nicht geeignet.

Tatsächlich musste sich John Kerry monatelang mit den Anschuldigungen auseinandersetzen – er, der im Krieg hochdekoriert worden war, während sich Bush vor dem Einsatz in Vietnam gedrückt hatte. Die Kampagne war so erfolgreich, dass „swiftboating“ im US-Sprachgebrauch zu einem Synonym für eine politische Schmutzkübelkampagne wurde.
Offiziell hatte Bush nichts mit den Swift Boat Veterans zu tun, man distanzierte sich sogar von manchen der widerlichen Praktiken. Hinter den Kulissen zog man freilich die Fäden, die Vereinigung wurde von Großspendern der Republikaner und engen Freunden des damaligen US-Präsidenten finanziert.

Es ist also recht einfach, die strengen US-Vorschriften zur Parteifinanzierung zu umgehen: Man gründet einfach ein PAC – ein Political Action Committee – und kann dann agieren, wie man will. Genauso hat sich offenbar Heinz-Christian Strache die Finanzierung der FPÖ vorgestellt: nicht über Spenden an die Partei, sondern über Spenden an einen Verein, der dann in Kampagnen die FPÖ unterstützt.

Wenn der Ibiza-Skandal etwas Gutes hat, dann die Diskussion über Parteispenden in Österreich. Bisher funktioniert das nach dem alten österreichischen Prinzip „Wasch' mir den Pelz, aber mach' mich nicht nass“: Spenden von mehr als 51.000 Euro müssen zwar dem Rechnungshof gemeldet werden, der die Namen der Spender anschließend veröffentlicht. Deshalb wissen wir zum Beispiel, dass KTM-Chef Stefan Pierer vor zwei Jahren 436.563 Euro an die ÖVP gespendet hat und Hans Peter Haselsteiner 2017 fast 400.000 Euro an die Neos. Meldet man die Spenden aber nicht, passiert auch nichts. Und spielt man es über einen Verein, wie das Strache der vermeintlichen Russin empfohlen hat und wie dies laut dem ehemaligen FPÖ-Chef einige Vermögende machen (die das dementieren), ist man ganz aus dem Schneider.

Ein erster Schritt für mehr Transparenz muss also die lückenlose Offenlegung von Parteispenden sein und eine Kontrollmöglichkeit des Rechnungshofs. Aktuell haben die obersten Prüfer der Republik keinen direkten Einblick in die Einnahmen und Ausgaben einer Partei, sondern müssen sich auf den Bericht von Wirtschaftsprüfern verlassen, die von den Parteien ernannt wurden.

Das Beispiel der Swift Boat Veterans zeigt, dass es die Offenlegung aller Spender, aller Einnahmen und Ausgaben auch bei Vereinen, die im Wahlkampf mitmischen, und den bei uns so beliebten Personenkomitees geben muss. Nicht nur an den Rechnungshof, sondern öffentlich – und zwar ab dem ersten Euro.

All das bringt freilich wenig, wenn es keine strikten und scharfen Sanktionsmöglichkeiten gibt. Die Motivation, sich an Gesetze zu halten, ist recht gering, wenn ein Zuwiderhandeln ohne Konsequenzen bleibt – oder so gering bestraft ist, dass der Nutzen weitaus größer ist (man sieht es bei den Überschreitungen der Wahlkampfkosten).

Sauberkeit in der Politik erreicht man nur mit lückenloser Transparenz. Nur wenn die Öffentlichkeit weiß, wer wen mit wie viel Geld unterstützt, kann man überprüfen, ob den Spenden Gefälligkeiten folgen. Die ÖVP wird sich beispielsweise nach der Zuwendung von Pierer hüten, irgendwelche Initiativen zu setzen, von denen KTM direkt profitieren würde.

Das Vertrauen in die Politik ist nach der Ibiza-Affäre nachhaltig erschüttert, da ist es zu wenig, wenn uns der Bundespräsident versichert, dass die Politiker besser sind, dass „wir nicht so sind“. Man kann darauf hoffen und vertrauen, Kontrolle ist auf jeden Fall besser.

E-Mails an: norbert.rief@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.06.2019)

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