Ein Urlaub wie damals – an der Côte d'Azur

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Die Manns haben 1931 einen Reiseführer verfasst. Und man kommt aus dem Staunen kaum heraus.

Marseille war anscheinend immer schon so. Gefährlich, aber faszinierend, atmosphärisch angesiedelt irgendwo zwischen Europa und Afrika. Man erfährt aber auch, wohin man zum Essen gehen soll, zum Einkaufen, zum Friseur (wobei: besser nicht in Marseille), abends in welche Bar. Und in dieser Tonart geht es weiter. Ort für Ort, Stadt für Stadt entlang der Côte d'Azur.

Erika und Klaus Mann, die Kinder von Literaturnobelpreisträger Thomas Mann, haben 1931 einen Reiseführer über die Côte d'Azur verfasst („Das Buch von der Riviera“), der nun neu aufgelegt wurde. Die beiden waren damals Mitte zwanzig und schildern aus Sicht der Jeunesse dorée das Leben an der französischen Südküste. Eine Welt der Bonvivants, russischer Großfürstinnen, englischer Schriftsteller, französischer Maler, deutscher Industrieller. Eine Welt, als hätte es den Weltkrieg davor nicht gegeben und würde es auch danach keinen geben. Eine Welt, die den meisten Menschen der damaligen Zeit verschlossen war. Eine Welt, die den Heutigen keineswegs fremd, sondern sehr nahe scheint.

Das damalige Reisen in besseren Kreisen unterscheidet sich nicht wesentlich von dem heutigen, wenn man das entsprechende Kleingeld hat. Aber auch für die kleine Brieftasche geben Erika und Klaus Mann Tipps. Man muss ja nicht immer im Grand Hotel übernachten, in manchen Orten tut es auch eine Pension, vor allem, wenn man dort auch gut essen kann. Und gut essen kann man fast überall. Erika und Klaus Mann kennen auch fast alles.

Und das ist aus heutiger Sicht das Erstaunliche: wie viele touristische Einrichtungen, wie viele Hotels, wie viele verschiedenartige Restaurants und Bars es damals gab. Wo wohnen die Engländer, wo die Deutschen, wo die Russen, wo die Pariser Boheme? Und was spielt man wo? Roulette, Boule, Tennis, Golf. Die Manns kennen die besten Plätze. Auch jene zum Schwimmen.

Zum Buch:

Erika und Klaus Mann
„Das Buch von der Riviera“
Kindler Verlag
176 Seiten, 16 Euro

Von Cannes bis St. Tropez

All das erfährt man im Reiseführer der Geschwister Mann. Orte, die heute noch das Bild der Côte d'Azur prägen – Monte Carlo, Nizza, Cannes, St. Tropez, Juan-Les-Pins, Antibes, Saint-Jean-Cap-Ferrat, Bandol, Sanary sur Mer – werden einzeln durchdekliniert, ihre Besonderheiten hervorgehoben, stets garniert mit Hotel-und Restauranttipps sowie solchen für Zerstreuungen aller Art.

Es war nicht viel anders als heute (und noch einmal: Wir reden hier von den 1920er- und 1930er-Jahren!): Die Menschen gingen baden, spazieren, essen. Sie spielten Tennis oder Golf. Und gaben sich – eine Spezialität hier an der Cote d'Azur – dem Glücksspiel hin. Dieses, so analysieren Erika und Klaus Mann, sei allerdings nicht von den Touristen, auch nicht von den Engländern, die hier lang den Ton angaben, importiert worden, es sei vielmehr schon im spielerischen Wesen der Franzosen so angelegt. Leise Kritik klingt übrigens mitunter am deutschen Wesen durch: Wenn geschäftstüchtige Deutsche ein Lokal aufkaufen und dieses dann seines ursprünglichen südfranzösischen Charmes beraubt wird.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.07.2019)

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