Die Ibiza-Affäre weckte das Interesse der Ermittler an parteinahen Vereinen. Zwei davon lösten sich im Juni auf – mit beiden hatte Gernot Blümel zu tun, in einem davon saßen BVT-Mitarbeiter.
Wien. Was mit den Aussagen Heinz-Christian Straches in einer Finca auf Ibiza begonnen hat, zieht nun weitreichende Kreise. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) ermittelt, ob große Spendensummen über Vereine an Parteien gelangt sein könnten. Nicht nur im Umfeld von Straches Partei, der FPÖ, sondern auch von ÖVP und SPÖ. 13 Vereine, die einer der Parteien nahestehen sollen, werden von der WKStA überprüft.
Zwei der betroffenen fünf ÖVP-nahen Vereine beendeten – wie nun bekannt wurde – Mitte Juni ihre Tätigkeit: der Heimatverein Pro Patria – Für Niederösterreich und der Verein zur Förderung bürgerlicher Politik.
Bestanden hatte Pro Patria seit dem Jänner 2004. Der Verein war Anfang Juni beim U-Ausschuss zur Causa um das BVT zum Thema geworden. Der frühere BVT-Spionageabwehrchef Bernhard P. war Vorstand des Vereins und gab im U-Ausschuss an, Pro Patria habe sich in Wahlkämpfen für ÖVP-Kandidaten engagiert, unter anderem für Erwin Pröll.
Blümel spricht von „Irrtum“
„Dubioses“, meinte P. damals, werde man bei dem „Uralt-Verein“ aber nicht finden, in dessen Funktionen zuletzt fast ausschließlich BVT-Mitarbeiter saßen. Von 2014 bis 2016 war allerdings Gernot Blümel, Wiener ÖVP-Chef, als Kassier gemeldet. Der Ex-Minister nannte dies Donnerstag ein „Irrtum“. Er habe sich lediglich in den Anfangszeiten des Vereins dort engagiert.
Auch der Verein zur Förderung bürgerlicher Politik hatte einen Konnex zu Blümel. Der Verein – mit Sitz in der ÖVP-Zentrale – war im Impressum von Blümels Website genannt worden. Die Stellvertreter von Obmann Eugen Hammer – Mitarbeiter der Erste Group, mit Blümel befreundet – waren zuletzt Markus Wölbitsch, Wiener ÖVP-Landesgeschäftsführer, und Iris Müller-Guttenbrunn, Blümels Sprecherin.
Der Verein sei 2016 gegründet worden, als die Marke der Wiener ÖVP „kaputt“ gewesen sei, hieß es. Man habe mithilfe des Vereins bewusst auf Blümel gesetzt und den Auftritt der Partei völlig neu gestaltet. Eine Verjüngung sei mit „ÖVP Wien“ nicht zu machen gewesen, weshalb sich auf Blümels Website damals auch kein ÖVP-Logo gefunden habe.
Den Verdacht illegaler Parteienfinanzierung wies Blümel zurück: Der Verein habe keine Einnahmen gehabt, „es gibt nicht einmal ein Konto“. Alles sei „zu 100 Prozent von der ÖVP Wien bezahlt“. Mit der Auflösung habe man einer falschen Interpretation der Vereinstätigkeit vorbeugen wollen, hieß es Donnerstag.
SPÖ-Rückzahlung an Stadt
Die WKStA prüft auch zwei SPÖ-nahe Vereine – unter anderem das Wiener Kulturservice, das neben der SPÖ als Mitveranstalter des Donauinselfestes auftritt und jährlich 1,8 Millionen Euro Förderung erhält. Einem Rechnungshof-Rohbericht zufolge verwendete der Verein aber auch Gelder für Parteiwerbung. Die SPÖ Wien zahlte 2409 Euro an die Stadt zurück. Wie am Donnerstag bekannt wurde, handelte es sich dabei aber nicht um Werbegelder, sondern um eine Verwaltungsstrafe. „Engste Zusammenarbeit und Kooperation“ seien prioritär, hieß es dazu aus der Landespartei.
ÖVP-Generalsekretär Karl Nehammer vermutete darin „nur die Spitze des Eisbergs“. Er verwies auf weitere SPÖ-nahe Vereine wie „Idee“. Der Verein engagierte sich für Ex-SPÖ-Chef Christian Kern – bei selber Anschrift wie ein SPÖ-naher Verband. 2017 hatte der damalige Bundesrat und „Idee“-Geschäftsführer Reinhard Todt erklärt, „Idee“ sei keine „Umgehungskonstruktion“: Es gebe schlicht Menschen, die Kern unterstützen wollten – „und nicht die SPÖ“. Es gebe ja auch Menschen, die Sebastian Kurz unterstützten, „aber nicht die ÖVP“.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.07.2019)