Immo-Aktien: Soll man sie meiden?

Trotz der Mietpreis-Diskussion in Deutschland ist Florian Rainer für die Immobilienbranche zuversichtlich.
Trotz der Mietpreis-Diskussion in Deutschland ist Florian Rainer für die Immobilienbranche zuversichtlich. (c) Mirjam Reither
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Die geplante Mietpreisbremse in Berlin verunsichert Anleger. Fondsmanager Florian Rainer will das nicht überbewerten und erklärt, was ihm an heimischen Branchentiteln gefällt.

Wien. Die Diskussionen über steigende Mieten reißen vor allem in Deutschland nicht ab, sie haben längst auch eine politische Dimension. Mitte Juni einigte sich in Berlin der Senat auf die Eckpunkte für einen fünfjährigen Mietenstopp, der im Oktober als Gesetz verabschiedet werden soll. Deutschlands neue Justizministerin, Christine Lambrecht, schloss kürzlich sogar Enteignungen privater Wohnbaugesellschaften nicht aus, für den Fall, dass die Mieten allzu kräftig steigen sollten.

Während das manch einen Mieter beruhigen mag, sind Anleger, die deutsche Wohnimmobilienaktien halten, inzwischen stark verunsichert. Vor allem der Börsenkurs der Deutsche-Wohnen-Aktien verlor kräftig an Wert. Schließlich entfällt der Großteil des Wohnportfolios von Deutsche Wohnen auf Berlin. Auch Vonovia ist dort präsent, allerdings nur mit einem kleinen Portfolioanteil.

Doch was bedeutet das tatsächlich für Anleger? Geht der jahrzehntelange Boom auf dem deutschen Markt für Wohnimmobilien nunmehr zu Ende? Florian Rainer, Fondsmanager des European Property Fund der Wiener Privatbank, glaubt das nicht. Bislang einigte sich lediglich die rot-grüne Politik in Berlin auf den Mietpreisdeckel. Das heiße aber nicht, dass andere Bundesländer ebenfalls derartige Gesetze verabschieden würden, sagt Rainer im Gespräch mit der „Presse“. Vor allem in Bundesländern mit konservativen Regierungen hält er es eher für unwahrscheinlich.

Ansprechende Bewertungen

Zudem gefallen Rainer die Bewertungen – etwa bei den Deutsche-Wohnen-Aktien. Sie notieren seit der Korrektur im Juni ein gutes Stück unter ihrem Nettoinventarwert. Dieser gibt, grob gesagt, den Wert der Immobilen abzüglich der Schulden an. Aktuell liegt der Nettoinventarwert von Deutsche Wohnen bei knapp über 42 Euro je Aktie und damit ein gutes Stück über dem aktuellen Börsenkurs. Rainer verweist aber auch auf die Bilanz des Unternehmens: Darin seien die Immobilien im Schnitt mit einem Quadratmeterpreis von 2400 Euro bewertet. Sobald aber eine Wohnung frei werde, „kann der Konzern sie um gut 3000 Euro verkaufen“, verweist Rainer auf das Steigerungspotenzial auf dem Markt.

Doch Wohnen ist nicht das einzige Segment, in das der Experte investiert. Das Segment macht rund 20 Prozent des Fonds aus, der Rest entfällt auf Gewerbeimmobilien und wird zum Beispiel mit Aktien der CA Immo, der S Immo und der Immofinanz abgedeckt. Aber was reizt am Geschäft mit Büros, Gewerbeparks und Logistikzentren? Hier hinke der Zyklus vor allem in Deutschland und in Österreich jenem des Wohnbereichs hinterher, erklärt Rainer. „Die Preise sind noch nicht allzu kräftig gestiegen und sind selbst in aufstrebenden Metropolen wie Berlin längst nicht auf dem Niveau wie etwa in London.“

In Deutschland und Österreich, aber auch in der CEE-Region sind alle drei heimischen Unternehmen tätig. Rainer gefallen bei der CA-Immo zudem die anstehenden Entwicklungsprojekte in Deutschland, sie könnten dem Konzern weitere ansehnliche Renditen bescheren. Und dann gibt es noch eine Menge Übernahmechancen im Bereich der Gewerbeimmobilien.

Die CA-Immo könnte zum Beispiel deutsche Mitbewerber wie TLG oder Alstria Office Reit kaufen oder sich mit ihnen zusammenschließen, meint der Fondsmanager. Aber auch hierzulande grassieren Fusionsgerüchte, etwa rund um die Immofinanz mit der S Immo. Beide Konzerne sind mit Querverflechtungen ein Stück zusammengerückt, wobei sich Rainer noch heuer eine endgültige Entscheidung über eine mögliche Fusion erwartet.

Niedrige Zinsen als Stütze

Ob es bis dahin auch rund um den Brexit Klarheit gibt, bleibt abzuwarten. Von der anhaltenden Diskussion lässt sich der Marktexperte nicht abschrecken. Er ist schon länger ein wenig in UK-Branchenaktien investiert. „Schließlich tangiert der Brexit Firmen wie Unite Group, einen Betreiber von Studentenheimen, praktisch nicht.“

Ganz generell bleibt Rainer für die Immobilienbranche zuversichtlich. Die Zinsen – und somit auch die Finanzierungskosten – dürften unter der designierten EZB-Chefin, Christine Lagarde, weiterhin niedrig bleiben. Auch erwartet der Experte in den kommenden ein bis zwei Jahren keine ähnlich schwere Rezession wie etwa nach der Finanzkrise von 2008. Ein – wenn auch bescheidenes – Wirtschaftswachstum in Europa ist eine ebenso wichtige Stütze für den Markt.

ZUR PERSON

Florian Rainer ist seit Jänner 2015 Fondsmanager bei Matejka & Partner Asset Management, wo er unter anderem den Wiener Privatbank European Property Fund verantwortet. Des Weiteren entwickelt Rainer Vermögensverwaltungsstrategien für Privatkunden. Zuvor arbeitete Rainer unter anderem als Wertpapierhändler bei der Wiener Privatbank. Rainer absolvierte 2008 das Studium der Betriebswirtschaft an der Wirtschaftsuniversität Wien.

Hinweis:

Die Besprechung von Wertpapieren und Investments auf dieser Seite ersetzt keine professionelle Beratung und ist nicht als Kaufempfehlung zu betrachten. „Die Presse“ übernimmt keine Haftung für die künftige Kursentwicklung.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.07.2019)

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