Berlin rüstet Orbáns Ungarn auf

Der Kampfpanzer Leopard 2 ist ein deutscher Exportschlager.
Der Kampfpanzer Leopard 2 ist ein deutscher Exportschlager. (c) APA/AFP/PATRIK STOLLARZ (PATRIK STOLLARZ)
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Die deutschen Rüstungsexporte sind im ersten Halbjahr sprunghaft angestiegen. Hauptabnehmer der Konzerne waren die ungarischen Streitkräfte.

Wien. Deutschlands Geschäft mit den Waffen blüht. Drei Jahre lang ist das Volumen deutscher Rüstungsexporte gesunken, nun hat es wieder zugenommen. Und zwar ordentlich. Allein in den ersten sechs Monaten des laufendes Jahres exportierte die größte Volkswirtschaft Europas mehr Rüstungsgüter als im gesamten vergangenen Jahr. Das zeigt die Beantwortung einer Anfrage des grünen Abgeordneten Omid Nouripour durch das deutsche Wirtschaftsministerium. Über die Anfrage berichteten am Donnerstag mehrere deutsche Medien, darunter die DPA und die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“.

Demnach hat die deutsche Bundesregierung im ersten Halbjahr 2019 Rüstungsexporte im Wert von 5,3 Milliarden Euro genehmigt. In den drei Jahren davor war das Volumen stetig gesunken und 2018 nur noch bei 4,8 Milliarden Euro gelegen. Damit hat die Exportquote in der ersten Jahreshälfte um 107 Prozent zugelegt. Unter den zehn größten Abnehmern von deutschen Waffen befinden sich zwei Länder, die am Krieg im Jemen beteiligt sind: Ägypten, das Deutschland Rüstungsgüter im Wert von 801,8 Millionen Euro abkaufte und Nummer zwei auf der Liste der größten Empfängerländer ist. Und die Vereinigten Arabischen Emirate, die mit 206,1 Millionen Euro auf Platz sechs landen. Dabei hatten sich die CDU und die SPD in ihrem Koalitionsvertrag aus dem Vorjahr vorgenommen, die Exporte an Länder, die unmittelbar am Krieg im Jemen beteiligt sind, stark einzuschränken.

Militärausgaben sollen steigen

Interessant an der Statistik ist aber noch etwas anderes. Sie zeigt sehr deutlich, welche Rolle Deutschland bei der Aufrüstung des ungarischen Militärs spielt. Ungarn war in den ersten sechs Monaten des heurigen Jahres der mit Abstand größte Empfänger deutscher Rüstungsexporte, mit einem Volumen von 1,76 Milliarden Euro.

Die Aufrüstung der ungarischen Streitkräfte folgt einem Plan der rechtsnationalen Regierung in Budapest. Die DPA zitiert aus einer Rede von Ministerpräsident Viktor Orbán vom Mai: „Die Verteidigung Ungarns ist nicht die Aufgabe der Nato und auch nicht der EU, sondern die unsrige. Es kann kein starkes Ungarn geben ohne starke Armee. Eine Nation, die ihr Land nicht zu verteidigen vermag, verdient ihr Land nicht.“ Die Regierung werde die Ausgaben für die ungarischen Streitkräfte verdoppeln, kündigte Orbán an. Die Zielvorgabe der Nato für ihre Mitgliedsländer, darunter Ungarn, lautet, dass zwei Prozent ihres Bruttoinlandsproduktes in die Verteidigung fließen sollen. Ungarn steckte zuletzt 1,15 Prozent seiner Wirtschaftsleistung in das Militärbudget. Mit einer Verdoppelung würde Orbán das Nato-Ziel also überschreiten. Der Rüstungskonzern Krauss-Maffei Wegmann etwa hat dem Bericht zufolge einen Vertrag zur Lieferung von 44 Kampfpanzern des Typs Leopard 2 und 24 Panzerhaubitzen unterzeichnet.

Einschränkung von Kleinwaffen

Im ersten Halbjahr gingen 40 Prozent der deutschen Rüstungsexporte an Drittstaaten außerhalb des Verteidigungsbündnisses Nato und der Europäischen Union. Voriges Jahr betrug der Anteil noch mehr als die Hälfte. Der Rückgang ist eben vor allem darauf zurückzuführen, dass ein Drittel der Rüstungsexporte nach Ungarn geht.

Die deutsche Regierung hatte erst vor zwei Wochen die Richtlinien für Rüstungsexporte verschärft. So soll unter anderem die Lieferung von Kleinwaffen an Länder außerhalb der Nato und der EU verboten werden. Solche Kleinwaffen wie Sturmgewehre gelten als tödlichste Waffen in Bürgerkriegen. Sie sind relativ leicht zugänglich, zu schmuggeln und zu bedienen. Die Regierung hat sich in den monatelangen Verhandlungen außerdem darauf geeinigt, dass der Verbleib exportierter Waffen verstärkt kontrolliert werden soll. (ag./red.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.07.2019)

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