James Last: Der Altmeister der (uncoolen) Partykeller

James Last: The Album Collection
James Last: The Album Collection(c) Polydor
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James Last, für progressive Pophörer einst Inbegriff der Spießigkeit, hat nicht nur das Nonstop-Dancing erfunden. Sondern auch Kultiges wie das Album „Voodoo Party“ gemacht. Und sogar Wienerisches.

Gegen Ende seines Lebens hatte James Last dann doch noch Erfolg in den USA. Zwar nicht, wie wohl ersehnt, mit seinem Happy Sound und auch nicht mit seiner Fusionmusik, die er teils mit US-Studiomusikern aufgenommen hat. Dafür als Teil des Soundtracks von „Kill Bill“: Quentin Tarantino hatte sich just die Nummer „Der einsame Hirte“ mit Gheorghe Zamfir erwählt, die 1979 die Panflöte bis ins letzte deutsche Dorf berüchtigt gemacht hatte. Last war kein Feingeist wie Big-Band-Leader Bert Kaempfert, der Evergreens wie „Strangers in the Night“ komponiert hat. Doch kaum jemand verkörpert die deutschen Tugenden Fleiß und Disziplin so strikt wie der 1929 in Bremen als Hans Last geborene Bandleader, Komponist und Arrangeur. 110 Alben platzierte er in den deutschen Charts, 13 erreichten die Spitze. Das nun veröffentlichte 25-CD-Set enthält 41 klassische James-Last-Alben, die zur Versenkung in das einladen, was progressiven Hörern als Inbegriff von Seichtheit galt.

Um 1965 entwickelte James Last das Konzept des Nonstop-Dancing. Das waren drei- bis dreieinhalbminütige Medleys damaliger Hits, die ohne Pause auf LP gepresst wurden. So konnte man lange vor Erfindung des DJs 15 bis 20 Minuten lang durchgespielten Sounds lauschen.

Ein Hit war James Last nicht genug. Er kombinierte stets drei zum Medley. Die Beatlesnummer „Ob-La-Di Ob-La-Da“ mischte er etwa mit „Chewy Chewy“ vom Ohio Express und „Eloise“ von Barry Ryan. In drei Minuten und 48 Sekunden war die Chose durchexerziert. Diese Form von Hitkompression, häufig mit Chorgesang, Partylärm und Applaus unterlegt, wurde zum Sound der Partykeller – und das nicht nur in Westdeutschland. Niemand anderer hat die Royal Albert Hall in London so oft ausverkauft wie Last, 90-mal gastierte er dort. Die große Popnation England liebte seine konservativen Klänge. Für die Hippies, Rocker und Discosternchen vor allem der Siebzigerjahre war er indessen der Inbegriff von Spießigkeit. Dabei hat er viel von deren Musik angstfrei und teils überraschend progressiv interpretiert. Sein Album „Voodoo Party“, für das er Sly Stone, Santana und Marvin Gaye coverte, ist schon lange Kult. Auf der neuen Box kann man auch darüber staunen, wie funky er Bob Marley und wie discolastig er „Car Wash“ von Rose Royce bemeistert hat.

Freilich riskieren Käufer dieser liebevoll gestalteten Box auch das Wiederhören von Lasts schlecht gealterten Polka-Partys und Volkslied-Interpretationen à la „Ännchen von Tharau“. Seine Adaption des Erfolgsmusicals „Hair“ ist heute noch durchaus vergnüglich, seine Happy-Lesart von Klassikern des wienerischen Liedguts auf „In Wien beim Wein“ ist ziemlicher Psychoterror für hiesige Zwideranten. Aber das könnte manchen auch als Kaufargument gelten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.07.2019)

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