Sprache kann gedeihen oder verkommen, auf jeden Fall aber wandelt sie sich. Die deutsche Sprache bot seit Jahrhunderten ein breites Einfallstor für Fremdwörter jeder Art. Sie drangen tief in unseren Alltag ein. Ein Blick auf die soziopolitischen Hintergründe.
Setzt man sich mit der deutschen Sprache auseinander, braucht man Mut zum Unvollkommenen. Es gab drastische Veränderungen, von der Herrschaftssprache bis zum Dialekt, vom Amtsdeutsch bis zum Fremdspracheneinfluss, vom Szenejargon zum Werbespruch. Ergiebig ist das Thema auch, wenn sich Historiker nicht mit der „Sprache an sich“ beschäftigen, sondern mit dem sozialen und politischen Hintergrund des Sprachwandels. Auch das ein weites Feld.
Einer, der es versucht hat, ist der deutsche Literaturwissenschaftler Jost Hermand. Die Annahme, dass Sprache etwas organisch Gewachsenes sei, das seinen eigenen Gesetzen unterliegt, weist er in seinem Buch zurück. Seine Themen: Wenn sich eine bestimmte Gesellschaftsschicht einer bestimmten Sprachsorte bedient, kann es sein, dass sie damit ihre Herrschaft befestigen will? Und welche Sprache wählen dann die Rebellen? Wählen sie neue Sprachformen, um gegen die da oben anzutreten? Gilt das nicht auch für Junge gegen Etablierte? Und ist der Fremdspracheneinfluss beim allgemeinen Trend zu Globalisierung und Digitalisierung schlicht nicht aufzuhalten?
Das undeutsche Reich
Vom Heiligen Römischen Reich Teutscher Nation sprach man im Mittelalter, doch eigentlich war es ein undeutsches Reich. Die Menschen fühlten sich als Sachsen, Friesen, Tiroler usw. Bis zur Reformation sprach die überwältigende Mehrheit ihren jeweiligen Dialekt, die wenigen Gescheiten sprachen Latein und ganz wenige in den Ritterburgen kümmerten sich um eine mittelhochdeutsche Literatursprache.