Malta verweigert Betankung: NGO-Schiff "Ocean Viking" fährt weiter nach Libyen

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Malta ließ norwegisches Schleppschiff, das Migranten aus dem Meer vor Libyen aufnehmen soll, nicht betanken. Es hat noch Diesel für etwa zwölf Tage. Derweil sucht ein weiteres Migrantenboot einen Hafen.

Das Hin und her um NGO-Migrantenschiffe im Mittelmeer nimmt kein Ende: Weil Malta das Auftanken verweigert hatte, ist das Schiff "Ocean Viking" der NGOs SOS Méditerranée und Ärzte ohne Grenzen (MSF) am Donnerstag von maltesischen Hoheitsgewässern einfach weiter zum Einsatzraum dicht vor der libyschen Küste losgefahren. "Wir haben Wasser, Treibstoff, Menschen warten darauf gerettet zu werden, wir machen weiter", erklärte Einsatzleiter Nicholas Romaniuk am Donnerstag.

Das 69 Meter lange Schiff war am Sonntag in Marseille (Frankreich) in See gestochen. Es fährt unter norwegischer Flagge. Am Mittwochabend hatten die Behörden Maltas kurzfristig das bereits vereinbarte Auftanken in maltesischen Gewässern verboten. Die Ocean Viking hatte zuletzt noch Diesel für etwa zwölf Tage an Bord. Das Einsatzgebiet sollte noch am Donnerstag dieser Woche erreicht werden. Falls Menschen, die sich an Libyens Küste in hochseeuntüchtige Boote gesetzt hatten, bald aus dem Meer geholt werden, bestünde an sich Zeit genug für die Rückfahrt.

Schiff der norwegischen Erdgasindustrie

Es handelt sich um den ersten derartigen Einsatz der Ocean Viking, eines 1986 in Dienst gestellten Schleppers für die norwegische Erdgasindustrie in der Nordsee, der allerdings nur etwa 15 Knoten (28 km/h) macht. Vor einigen Wochen hatten MSF und SOS Méditerranée das Schiff für die Bergung von Menschen aus dem Mittelmeer und deren Transport nach Europa gechartert. Beide Aktivistengruppen hatten Ende 2018 nach drei Jahren ihre gemeinsamen Rettungsaktivitäten mit der "Aquarius" auf Druck Italiens hin eingestellt. Mit der Aquarius holten sie nach eigenen Angaben zwischen 2016 und 2018 rund 30.000 Menschen aus dem Meer.

Italien und Malta haben mehrfach Hilfsschiffen die Einfahrt in ihre Häfen verweigert. Schiffe mit Migranten an Bord müssen teils tagelang auf die Einfahrt warten. Beide Länder verweigern zumeist das Anlegen, solange die Aufnahme der Menschen durch andere EU-Länder nicht geklärt ist. Italien hat zudem den Betrieb von Migrantenschiffen in seinen Gewässern verboten und unter hohe Strafen gestellt.

Evangelische Kirche Italiens nimmt Migranten auf

Am Mittwochabend richtete derweil die spanische NGO Proactiva OpenArms einen Appell an die EU: Das Transportschiff "OpenArms" habe seit mittlerweile sechs Tagen 121 Gerettete an Bord und immer noch keine Erlaubnis, in einen europäischen Hafen einzulaufen. Malta habe den Flüchtlingen das Recht verweigert, an Land zu gehen.

Am Donnerstag erklärte sich dann die evangelische Kirche Italiens bereit, die Leute aufzunehmen. So eine Geste habe eine "wichtige menschliche Bedeutung" und entspreche christlicher Nächstenliebe, so der Vorsitzende, Luca Maria Negro Negro, und der Moderator der "Waldensischen Tafel", Pfarrer Eugenio Bernardini, die sich in einem Brief an Ministerpräsident Giuseppe Conte und Innenminister Matteo Salvini wandten.

Die Open Arms im Hafen von Motril (Spanien, Archivbild).
Die Open Arms im Hafen von Motril (Spanien, Archivbild).REUTERS

Am Sonntag hatte Malta dem deutschen Rettungsschiff "Alan Kurdi" das Anlegen verweigert. Die Küstenwache holte allerdings 40 Menschen von Bord des Schiffes in internationalen Gewässern ab und brachte sie in die Hauptstadt Valletta.

Im Mai hatte ein Gericht in Malta den Kapitän des deutschen Flüchtlings-Hilfsschiffs "Lifeline" zu einer Geldstrafe von 10.000 Euro verurteilt. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass die Lifeline nicht ordnungsgemäß registriert war. Sie hatte im Juni 2018 vor Libyen 234 Migranten aus dem Meer geholt und war danach tagelang umhergeirrt, weil Italien und Malta das Anlegen verweigert hatten. Schließlich durfte die Lifeline nach langen Verhandlungen auch auf EU-Ebene in Malta vor Anker gehen, der Kapitän wurde jedoch festgehalten und von der Polizei vernommen.

EU-Parlamentspräsident David Maria Sassoli hat dringliche Hilfe und faire Verteilung für die Leute auf der Open Arms gefordert. Natürlich könne eine Verteilung nur auf freiwilliger Basis erfolgen, so Sassoli. Doch "die Armen können nicht warten". Das EU-Parlament werde alle Anstrengungen für Hilfe für die Migranten unterstützen.

(APA/AFP/DPA)

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