Demonstranten legen Hongkonger Flughafen lahm

In schwarz gekleidete Demonstranten besetzen den Hongkonger Flughafen.
In schwarz gekleidete Demonstranten besetzen den Hongkonger Flughafen.(c) Getty Images (Anthony Kwan)
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Tausende Anhänger der Demokratie-Bewegung versammelten sich zu einem Sitzstreik am Flughafen der chinesischen Sonderverwaltungszone, worauf dieser den Betrieb einstellt. Die Hongkonger Airline Cathay Pacific droht Mitarbeitern, die sich an den Protesten beteiligen, mit Kündigung.

Wegen der anhaltenden Proteste der Demokratie-Bewegung hat Hongkongs Flughafen am Montag sämtliche Abflüge für den Rest des Tages gestrichen. Außer bereits eingecheckten Abflügen und anfliegenden Maschinen würden für den Rest des Tages alle Flüge gestrichen, hieß es in einer am Montag veröffentlichten Erklärung.

Tausende Demonstranten versammelten sich am Montag zu einem friedlichen Sitzstreik in der Abflug- und Ankunftshalle des Flughafens, um gegen die Regierung und die Polizeigewalt bei vorangegangenen Protesten in der Stadt zu protestieren - zum vierten Tag in Folge. Die Demonstranten hätten den Betrieb des Flughafens „ernsthaft zum Erliegen gebracht“, die Passagiere davon abgehalten, einzuchecken und die Sicherheitskontrollen zu passieren, sagte die Flughafenbehörde. Auf den Straßen zum Flughafen hin bildeten sich lange Staus, als Busse voller Demonstranten sich zu dem wichtigen Drehkreuz in Südostasien aufmachten.

Am Sonntag in der Nacht waren die Zusammenstöße zwischen Polizei und Demonstranten eskaliert: Gleich in mehreren Bezirken der Hafenmetropole lieferten sich die beiden Lager ein regelrechtes Katz-und-Maus-Spiel. Die Demonstranten blockierten Hauptverkehrsstraßen und wechselten mit einer sogenannten Flash-Mob-Strategie rasch die Orte ihrer Kundgebungen, was den Polizeieinsatz erschwerte.

Demonstrantin könnte Auge verloren haben

Menschenrechtsgruppen übten scharfe Kritik an den Beamten. Sie hatten in einer geschlossenen U-Bahn-Station Tränengas und Gummigeschosse auf die Demonstranten gefeuert. Vierzig Menschen wurden dabei verletzt. Eine Frau könnte dabei ein Auge verloren haben, berichtet die „South China Morning Post“. Aus Solidarität setzten sich die Demonstranten am Montag Augenklappen auf und skandierten Parolen: Die Polizei solle ihr das Auge „zurückgeben“.

Die Demonstranten werfen den Behörden seit Beginn der Proteste vor rund zehn Wochen Brutalität gegenüber den Demonstranten vor und fordern eine unabhängige Untersuchung des Polizeivorgehens.

REUTERS

Chinas Regierung auf der anderen Seite mahnt immer energischer, die Ordnung in der Sonderverwaltungszone wieder herzustellen und die Gewalt zu beenden. Yang Gang, der Sprecher der für Hongkong zuständigen Behörde, warf den gewaltbereiten Demonstranten zuletzt "erste Anzeichen von Terrorismus" vor. In den letzten Tagen hätten "radikale Demonstranten" wiederholt Polizisten mit "äußerst gefährlichen Werkzeugen" angegriffen. Dies sei eine ernsthafte Bedrohung für die Sicherheit der Menschen in Hongkong.

Die Bewegung hatte sich an Plänen der Regierung für ein Gesetz zur Auslieferung von Beschuldigten an China entzündet. Regierungschefin Lam hat den Gesetzentwurf zwar für tot erklärt, doch die Demonstrationen weiten sich seit Mitte Juni stetig aus. Mittlerweile fordern die Demonstranten den Rücktritt Lams, die ihren Posten einem von Peking eingerichteten Wahlkomitee verdankt, gegen dessen Einrichtung sich bereits die gewaltsame Protestwelle von 2014 entzündete.

Der früheren britischen Kronkolonie Hongkong wurden nach der Übergabe an China 1997 besondere Rechte wie das der freien Meinungsäußerung eingeräumt. Diese Rechte sehen die Regierungskritiker nun gefährdet.

Cathay Pacific kündigt „null Toleranz“ an

Folgen könnten die Demonstrationen nun auch für Mitarbeiter der Hongkonger Fluggesellschaft Cathay Pacific haben: Auf Druck Chinas hat die Airline Unterstützern mit Entlassung gedroht. Beschäftigten, die "illegale Demonstrationen unterstützen oder daran teilnehmen", könne gekündigt werden, erklärte Cathay Pacific am Montag. Chinas Luftfahrtbehörde hatte die Airline am Freitag angewiesen, Teilnehmer der Demonstrationen in Hongkong weder auf Flügen Richtung Festland-China noch durch den chinesischen Luftraum einzusetzen.

Die Fluggesellschaft übe "null Toleranz" bei "illegalen Aktivitäten“, erklärte der Chef von Cathay Pacific, Rupert Hogg, nun am Montag. Denn "Handlungen und Äußerungen unserer Beschäftigten außerhalb der Arbeitszeit können einen großen Einfluss auf unser Unternehmen haben“. Cathay Pacific fürchtet einen Boykott in China. Die Airline fliege nicht nur von und nach China, auch ein Großteil der Flüge nach Europa und in die USA führten durch chinesischen Luftraum, betonte Hogg.

Eine deutliche Warnung an die chinesischen Behörden kam aus den USA: Der einflussreiche konservative Senator Mitch McConnell erklärte, jegliches gewaltsame Vorgehen gegen die Demonstranten in Hongkong wäre „vollkommen inakzeptabel“. „Die Bevölkerung von Hongkong stellt sich tapfer der Kommunistischen Partei Chinas, während Peking versucht, ihre Autonomie und ihre Freiheit einzuschränken“, schrieb er auf Twitter. „Jegliches gewaltsames Vorgehen wäre vollkommen inakzeptabel. Die Welt schaut zu.“ 

Lufthansa streicht Flüge

Die AUA-Mutter Lufthansa strich wegen der anhaltenden Proteste mehrere Flüge in die Millionenmetropole. Betroffen sind Lufthansa-Verbindungen von München und Frankfurt sowie der Swiss nach Zürich, wie ein Konzernsprecher am Montag mitteilte. Die Entscheidung gelte zunächst nur für den Montag, die Lage müsse in den Folgetagen jeweils neu bewertet werden.

Das österreichische Außenministerium bescheinigt der chinesischen Sonderverwaltungszone Hongkong weiterhin die höchste Sicherheitsstufe, empfiehlt aber dringend dazu, "sich von Demonstrationen fern zu halten". Den Anordnungen der Sicherheitskräfte sei "unbedingt Folge zu leisten", heißt es in den am heutigen Montag aktualisierten Reisehinweisen des Außenministeriums.

"Für die nächste Zeit ist mit weiteren Demonstrationen zu rechnen", schreibt das Wiener Außenamt. Diese würden "in der Regel friedlich verlaufen", doch komme es im Umkreis der Demonstrationszüge "immer wieder zu Ausschreitungen gewaltbereiter Gruppen mit Verletzten, schweren Sachschäden und dem Einsatz von Tränengas, Pfefferspray und Gummigeschoßen".

(red.)

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