Hier die Guten, dort die Bösen – so klar verlaufen die Fronten in Thailand nicht.
Noch ein Glück, dass es nicht mehr Tote gab, als Thailands Armee am Mittwoch das Lager der Antiregierungsdemonstranten im Geschäftsviertel Bangkoks stürmte. Doch schon die selige Tante Jolesch wusste: Gott soll einen hüten vor allem, was noch ein Glück ist. Die Bilanz ist tatsächlich verheerend: weil sich zu den Toten vom Mittwoch die der Vortage auf über 40 addieren, weil die Regierung gezeigt hat, dass sie zur „Wiederherstellung der Ordnung“ ein Blutbad in Kauf nimmt, und weil die vermeintliche Lösung vorerst alles noch schlimmer gemacht hat.
Nachdem einige ihrer Anführer aufgegeben haben, haben marodierende Rothemden gezeigt, wie ihr „Kampf für Demokratie“ aussieht: Sie fackelten die Börse ebenso ab wie Asiens zweitgrößtes Kaufhaus und einen TV-Sender, dessen Angestellte zum Teil per Hubschrauber gerettet werden mussten. Hier die Guten, dort die Bösen, so einfach ist es nicht. Der Glaubwürdigkeit einer Demokratiebewegung ist es nicht zuträglich, wenn sie ihre Forderungen mit dem Einsatz von Handgranaten unterstreicht und skrupellos Kinder in Lebensgefahr bringt.
Beide Seiten ließen es so weit kommen, in der fatalen Fehleinschätzung, von der Eskalation zu profitieren. Doch es gibt nur Verlierer. Wahlen allein reichen längst nicht mehr, um die Gräben in der Gesellschaft zuzuschütten. Das schafft, wenn überhaupt, nur eine Einheitsregierung. Doch die hätte man auch ohne die Dutzenden Toten haben können.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.05.2010)