Wie Alpbach (langsam) beginnt, klimafreundlicher zu denken

Daniel Novotny
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Umwelt. Während des Forums hört man ständig von der Klimakatastrophe. In manchen Bereichen hinkt das Bergdorf aber noch etwas nach.

Buntstifte, Fingerfarben und Karton – zehn Kinder sitzen vor dem Congress Centrum, jedes bemalt ein Kartonschild. Dann ziehen sie mit Johannes Stangl und Anna Lindorfer von „Fridays For Future“ durch das Dorf, um mit selbst gemalten Plakaten und einer per Handabdruck unterschriebenen Erklärung auf das Klimavolksbegehren aufmerksam zu machen, das man seit Mittwoch in jeder österreichischen Gemeinde unterschreiben kann. Aber wie klimafreundlich ist eigentlich Alpbach im Alltag?

Müll

Öffentliche Mistkübel sind im Alpbacher Ortszentrum spärlich vorhanden. „Jeder zusätzliche Mistkübel ist ein entsprechender Mehraufwand in der Betreuung“, sagt Bürgermeister Markus Bischofer. Früher hätte es mehr Mistkübel gegeben, viele Bewohner entsorgten dort aber ihren Hausmüll. Die Reduktion soll einen „erzieherischen Effekt“ gehabt haben. Eine Umwelt- und Klimabeauftragte betreut öffentliche Grünflächen und den Recyclinghof. Sie wird für schulische Klima-Aufklärungsarbeit freigestellt.

Energie

„Wir haben uns vorgenommen, alle öffentlichen Gebäude auf erneuerbare Energie umzustellen“, sagt Bischofer. Das Gemeindegebäude wurde im Jahr 2005 saniert, seither wird mit Pellets geheizt. Auch die Volksschule Alpbach heizt seit der thermischen Sanierung mit Pellets statt fossil. In der Volksschule Inneralpbach aber war die Ölheizung damals noch zu neu – die Gemeinde hat das Gebäude zwar auch zugunsten der Minimierung des Energieverbrauchs modernisiert, die Heizungsumstellung aber hinausgeschoben. „Im Congress Centrum haben wir jetzt Geothermie, früher war da ein Ölbrenner-Prototyp“, so Bischofer. Der soll zwar effizient gearbeitet haben, mangels fehlender Ersatzteile entschied man sich langfristig aber für Erdwärme.

Solarenergie durch Fotovoltaikanlagen ist in Alpbach eher die Ausnahme. Die Bauordnung untersagt die sichtbaren Anlagen auf dem Dach, sie müssten stattdessen ins Dach integriert sein. „Es gibt 400 Euro Förderung pro Haus für so ein zusätzliches Modul, aber es braucht mehr Fördermittel, mehr Anreiz“, sagt Bischofer. Im Vordach des Turnsaals ist Photovoltaik integriert, private Haushalte verzichten aber großteils darauf.

Lebensmittel

Das Forum habe in Alpbach für ein klimafreundlicheres Denken gesorgt, meint der Bürgermeister: „Es war ein Lernprozess – die Gastronomen sind draufgekommen, dass eine Kiwi beim regionalen Frühstück nichts verloren hat.“

Obstsorten haben sich in Alpbach in den letzten Jahren stark reduziert, die Schellenbirne zum Beispiel wächst hier nirgends mehr. Es gab generell nie viele Obstbäume im Bergdorf, aber bäuerliche Obstgärten für den Eigenbedarf schon. Durch den Befall von Feuerbrand schnitten die Bauern ihre Bäume um. „Aus Unwissenheit wurden früher viele Fehler gemacht. Es hätte gereicht, die Bäume großflächig auszuschneiden“, sagt Markus Bischofer.

Laut dem Umweltmediziner Hans-Peter Hutter würde der CO2-Ausstoß um 30 Prozent verringert, äßen die Österreicher um ein Fünftel weniger Fleisch („Die Presse“ berichtete). Dieses Wissen scheint in Alpbach noch nicht ganz angekommen zu sein, zumindest sind die Speisekarten fleischlastig. Veganer werden im Wirtshaus kaum fündig. Die meisten Gastronomen achten auf Regionalität, Bauernmarkt gibt es in Alpbach aber keinen mehr. Die Bauern aus der Umgebung verkaufen ihre Produkte jeden ersten Samstag im Monat in Brixlegg. „Leider entscheidet der Preis, die Leute sparen bei den Lebensmitteln lieber als bei Freizeit“, sagt Bischofer.

Mobilität

Busse verkehren in Alpbach stündlich von 6 bis 20.30 Uhr in die umliegenden Täler. Der Bürgermeister wünscht sich einen besseren Abgleich mit der Bahn. Denn Schüler würden beim Umsteigen den Bus oft knapp verpassen und müssten dann eine Stunde warten – oder die Eltern bringen sie mit dem Auto zur Schule. Die Frequenz der Busse während des Forums ist im Alltag nicht gegeben, die Shuttles wurden explizit bestellt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.08.2019)

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