Sebastian Kurz kehrt aus dem Exil zurück

NR-WAHLEN 'UNTERSTUeTZER-FEST ' : KURZ
NR-WAHLEN 'UNTERSTUeTZER-FEST ' : KURZAPA/HERBERT PFARRHOFER
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Vier Wochen vor der Nationalratswahl werden die Konturen deutlicher. Auch wenn die bisherige Überhitzung mitunter den Blick verstellte.

Am Wochenende kehrt der verstoßene Bundeskanzler aus dem selbst gewählten Exil zurück. Er hat es auf dem Land verbracht, fern der Bundespolitik und der Bundeshauptstadt. Was wie ein bewusstes Statement aussieht, ist es auch: Sebastian Kurz, seines Amtes enthoben von einer rot-blauen Allianz, wie die ÖVP-Spindoktoren nicht müde wurden zu betonen – Christiane Hörbiger hat zuletzt noch einmal daran erinnert –, hat mangels Amtes nun das getan, wofür ihm zuvor zu wenig Zeit geblieben war: den Menschen zuhören und mit ihnen sprechen. Man kann das als Marketing-Gag abtun, das ist es natürlich auch, aber es bringt schon auch etwas: Viele Menschen lernen einen persönlich kennen. Man bekommt Input dazu, was die Leute wirklich bewegt. Und es gibt schöne Bilder, die man dann in den sozialen Medien und auf den Plakaten wiederverwenden kann.

Am Sonntag steigt Sebastian Kurz jedenfalls wieder ein: zuerst in die „Wahlarena“ auf Puls 4, am Montag dann beim „Sommergespräch“ im ORF. Danach bleibt er in der Bundespolitik. In vier Wochen wird gewählt.

Die mediale Rezeption des ÖVP-Wahlkampfs war bisher ungefähr so: Es läuft nicht so recht. Und es lief tatsächlich ein wenig unrund. So etwas wie die Schredder-Aktion wäre der Kurz-ÖVP früher nicht passiert. Allerdings ist diese ein gutes Beispiel für die polit-mediale Überhitzung in diesem Wahlkampf: große Aufregung. Ein Ibiza-Konnex wurde in den Raum gestellt. Den Beteuerungen der ÖVP, es handle sich nur um Druckerfestplatten und einen üblichen Vorgang, wurde kein Glauben geschenkt. Diese Woche ließ Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein dann wissen: Ein üblicher Vorgang, es wurden lediglich Druckerfestplatten geschreddert. Und das könne man auch außer Haus machen.

Was von der „Schredder-Affäre“ – Stand jetzt – übrig bleibt: ein schusseliger ÖVP-Mitarbeiter, der die Rechnung nicht bezahlt hat. Wie gesagt: Wäre früher nicht passiert.

Und wie geht es den anderen so? Für die FPÖ gibt es ein wenig Licht im Schattenreich. Zum einen schreiben die Ibiza-Aufdecker, dass Heinz-Christian Strache in der Finca mehrfach betont hat, keine illegalen Handlungen setzen zu wollen – um sich dann gedankenspielerisch doch zu solchen hinreißen zu lassen. Was Strache gleich als Persilschein für sich interpretierte. Und gestern wurde bekannt, dass die Aussagen im Video keine strafrechtlichen Folgen wegen Korruption haben. Bei Lichte betrachtet auch keine Sensation, Strache war da noch kein Amtsträger und hat mit einer fiktiven Person Luftgeschäfte gemacht. Auch da hat die allgemeine Aufregung den Blick verstellt. Die Schatten – Verdacht auf illegale Parteienfinanzierung, die Casinos-Affäre, die offensichtliche Bereitschaft, für Parteispenden staatliche Gegengeschäfte in Aussicht zu stellen – verscheucht das nicht.

In der SPÖ hat Pamela Rendi-Wagner die ersten Hürden genommen: Die internen Kritiker weitgehend ruhiggestellt. Und ihren ersten Großauftritt im „Sommergespräch“ achtbar absolviert. Wobei alles eine Frage der Erwartungshaltung ist: Rendi-Wagner hat keinen Fehler gemacht, sich sympathisch und kompetent präsentiert, aber mit einer eigenen Idee, einer größeren politischen Vorstellung von der Welt hat sie auch nicht aufgewartet. Das tat dann Thomas Drozda mit der Erbschaftssteuer. Also auch nichts Neues eigentlich.

Bei den Grünen schnurrt der Wahlkampf entspannt dahin: Es gibt offensichtlich bei vielen Wählern das Bedürfnis nach einem Comeback und wohl auch danach, den eigenen „Fehler“ vom letzten Mal, die Grünen nicht gewählt zu haben, zu korrigieren. Werner Kogler und das Klima tragen das Ihre dazu bei.

Bleiben noch die Neos (theoretisch bliebe auch noch die Liste Pilz): Sie liegen in den Umfragen erstaunlich gut. Aber das muss erfahrungsgemäß nichts heißen, wenn der Wahltag da ist. Die Neos haben gestern ihr Programm präsentiert: Sie wollen grüner werden, dazu mehr Transparenz und Bildung. Und das ist dann auch eine spannende Frage dieses Wahlkampfs: Wie viel Platz bleibt für die Neos zwischen (voraussichtlich) erstarkten Grünen und Türkisen?

E-Mails an: oliver.pink@diepresse.com

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