Die Suche nach dem obdachlosen Vater

Das erste Wiedersehen: Norman Wolf fand seinen Vater nach zwölf Jahren auf der Straße wieder.
Das erste Wiedersehen: Norman Wolf fand seinen Vater nach zwölf Jahren auf der Straße wieder. Norman Wolf
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Per Twitter hat der junge Student Norman Wolf seinen Vater gesucht, der in Hamburg auf der Straße gesehen wurde. Viele Menschen nahmen Anteil an seiner Familiengeschichte, doch die Stimmung kippte schnell. Von einem Tweet mit Folgen.

Er war erleichtert, als sein Vater ging. So erleichtert wie jedes Kind, das zu lang seinen angetrunkenen Vater durchs Haus bugsieren musste. Damals war Norman Wolf elf Jahre alt. Schleichend hatte sein Vater ein Alkoholproblem entwickelt. Als er keinen Job mehr hatte, verlor er die Kontrolle. Lang dachte sein kleiner Sohn, es wäre dieser Verlust gewesen, der seinen Vater ins Elend zog. Sein großer Bruder sollte ihm erst Jahre später erzählen, dass es umgekehrt war. Einen Unterschied macht es wohl nicht. Die Eltern trennten sich, der Vater verschwand.

„Ich habe mir nie die Schuld daran gegeben, dass er trinkt, dafür war ich ihm zu wichtig, das wusste ich“, sagt der heute 26-jährige Wolf. Schuld und Scham empfand er, weil ihm nach dem Abschied seines Vaters ein Stein vom Herzen fiel. Er war erleichtert, dass das Weinen und Schreien endlich aufhörte, aber er schämte sich für dieses Gefühl. „Man sollte sich nicht freuen, wenn die Eltern auseinandergehen.“ Und er konnte damals nicht wissen, welche Richtung seine Familiengeschichte einschlagen würde. Seinen Vater sah er nur noch ein einziges Mal rund um seinen zwölften Geburtstag. Sie trafen sich in einem Zug, verbrachten ein paar Stunden zusammen, das war's. Bis auf wenige, kurze Geburtstagsanrufe gab es keinen Kontakt mehr, keinen Hinweis, wo der Vater war. Unterhalt zahlte er nicht, eine Polizeisuche blieb erfolglos. Nach und nach verschwand er aus dem Familienbild, irgendwann tauchte er in den Köpfen nicht mehr auf.

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