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Keziah Jones: Im Rhythmus liegt die Liebe

(c) Keziah Jones
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Keziah Jones, aus Nigeria stammender Gitarrist, eröffnete die neue Saison im Wiener Porgy & Bess mit einem spektakulären Konzert.

Einiges von seiner exquisiten Garderobe hat er von seinem Vater, einem nigerianischen Stammeshäuptling, geerbt. Den Hut, den er in waghalsigem Winkel trug, wohl auch. Der 51-jährige Keziah Jones ist ein Musiker von großer Anmut. Eine Art asketischer Athlet. Und sein feiner Anzug war binnen weniger Minuten klatschnass. Das war seinem rasanten, perkussiven Gitarrenstil geschuldet, aber auch der Hitze im ausverkauften Haus: Dass die Saison im Porgy & Bess mit einem Musiker dieses Kalibers eingeläutet wurde, spricht für das Renommé dieses führenden Wiener Jazz-Etablissements.

Jones, der in schlanker Triobesetzung antrat, startete mit dem überschwenglichen „Million Miles“, einem Lied, das von getrennten Liebenden erzählte. „Now the distance alone can change us“, wusste Jones. Mögen seine Texte mitunter existenzielle Schwere aufweisen, der Puls der Musik hüpfte stets recht munter dahin. Diese sehr spezielle Mischung aus afrikanischen Rhythmen und westlichem Funk war unwiderstehlich. Praktisch alle tanzten. Das Becken etwas langsamer kreisen lassen konnte man beim zarten „Beautiful Emily“, einem Lied, das die Erinnerung an eine schwierige Beziehung zu einem (weißen) englischen Mädchen hochhielt. Jones, der seine Kindheit in Nigeria verbracht hat, später in London erzogen und eingeschult wurde, heute in New York und Lagos lebt, ist ein dünnhäutiger Mensch. Das kommt seiner Kunst zugute. Funk, normalerweise ein eher grobes Genre, erfährt bei ihm immense Verfeinerung, mit erstaunlich leichten Melodien.

Vorbilder: Fela Kuti und Jimi Hendrix

Charles Aznavour, gleichfalls ein ewiger Heimatloser, schuf für die Anstrengung, mit der sich Immigranten permanent behaupten und definieren müssen, ein treffliches Bild: Menschen wie er müssten stets so auftreten, als trügen sie Melonen unter den Achseln. In solch einer Unsicherheit wurzelt wohl auch die Virtuosität von Jones. Und doch kann er von der persönlichen Ebene absehen und politisch werden. In „African Space Craft“ träumte er von Anarchie und Spiritualität. „I'm a son of April and the only container of religious sound“, sang er, in einem Stück, in dem man seine Vorbilder heraushörte: Fela Kuti und Jimi Hendrix. Highlight des Abends war Bob Marleys anklagendes „War“. Zur monotonen Melodie dieses Protestlieds gegen institutionellen Rassismus feuerte Jones schwere Funk-Licks ab, die er eifrig mit Effektpedalen verfremdete. Das Finale gehörte dann seinem einzigen Welthit „Rhythm is Love“. Es gab eine Zeit, da wollte er ihn nicht spielen. Die ist zum Glück vorbei.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.09.2019)

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