Septemberfest

Oder: Warum Politik am Küchentisch stattfindet und es keine Flugscham im All gibt.

Also man soll ja nicht beckmessern, aber warum stört es eigentlich niemanden, dass all diese Oktoberfeste Oktoberfest heißen, aber mitten im September beginnen, fragen wir, die wir freilich nicht recht wüssten, was wir auf einer Veranstaltung dieser Art so täten? Man würde ja nichts sagen, wenn die Dirndl- und Lederhosentreffen wenigstens in den letzten Septembertagen anheben würden, um dann tief in den Oktober zu ragen, aber nix da: die Großmutter aller Wiesn, das Münchner Oktoberfest, ist nur sechs Tage im Oktober, aber gleich neun Tage im September geöffnet!?!

In Österreich liefern sich die traditionell bierlastigen Oktoberfeste mit den alteingesessenen Sturmgelagen und Weinbergfesten ein Match, das nicht nur zu einer eigenartigen Zusammenführung der alkoholischen Getränke, sondern Ende der Woche auch zum öffentlichen Wiedersehen zweier blauer Parteichefs führte. Umarmt hat man sich ja schnell in so einem Bierzelt, muss ja nicht viel heißen.

In Österreich schleppt sich jedenfalls alles schon leicht ermattet zu unserem diesjährigen Septemberfest, der Nationalratswahl am 29., während parallel dazu die Jugend auf der ganzen Welt immer vehementer für eine akzeptable Klimapolitik demonstriert. Da werden sich die Mandate nach der nächsten Legislaturperiode in spätestens fünf Jahren, wenn noch mehr dieser jungen Demonstranten wahlberechtigt sind, noch einmal ordentlich verschieben, da muss man kein Hellseher sein. Die Parteien haben jedenfalls noch etwas Zeit, sich etwas einfallen zu lassen für diese neue Klientel. Und den Planeten.

Nicht unterschätzen sollte man übrigens neben dem viel zitierten Druck der Straße auch, was der jugendliche Nachwuchs zu Hause in heftigen Debatten mit seinen (an den verschiedensten Stellen mitentscheidenden) Eltern an Umdenken bewirkt. Auch Stammtisch geeichte Politiker werden diese Herausforderung am Küchentisch zu Hause erst einmal bestehen müssen.

Im Kino gibt es offenbar noch keine Flugscham, fliegt nun nach den Großschauspielern Matthew McConaughey („Interstellar“), George Clooney („Gravity“), Matt Damon („The Martian“) und Ryan Gosling („First Man“) auch Brad Pitt im Film „Ad Astra“ ins All. Findet Leonardo DiCaprio noch eine Weltraumrolle, dann waren alle oben.

florian.asamer@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.09.2019)

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