Gericht: "Identitäre" durften nicht "gesichert rechtsextremistisch" genannt werden

Archivbild eines Veranstaltung der Identitätren Bewegung in Halle.
Archivbild eines Veranstaltung der Identitätren Bewegung in Halle.imago images / xcitepress
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Der deutsche Verfassungsschutz stufte die Identitären noch als Verdachtsfall ein, nannte sie in einer Mitteilung aber „gesichert rechtsextrem“. Eine Klage war die Folge.

Das deutsche Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) muss laut einem Beschluss des Kölner Verwaltungsgerichts eine Mitteilung widerrufen, die Identitäre Bewegung werde als "gesichert rechtsextremistische Bestrebung gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung" eingestuft. Die Kölner Richter gaben mit ihrer Entscheidung am Mittwoch einem Eilantrag der Identitären Bewegung statt, wie ein Gerichtssprecher mitteilte.

Gegen den Beschluss ist eine weitere Beschwerde möglich, über die das Oberverwaltungsgericht in Münster entscheiden würde. Dem Kölner Gericht zufolge hatte das Innenministerium im Dezember 2018 und Jänner 2019 in einem vor dem Verwaltungsgericht Berlin geführten Eilverfahren der Identitären Bewegung eine Zusage erteilt, die letztlich Ausgangspunkt des Kölner Verfahrens war.

Verdachtsfall bleibt Verdachtsfall

Diese Zusage beinhaltete demnach, dass in künftigen Verlautbarungen, die sich aus sicherheitsbehördlicher Sicht mit der Identitären Bewegung im Kontext des Rechtsextremismus befassen sollten, jeweils eine Klarstellung enthalten sein sollte - nämlich dass die "Identitären" lediglich insoweit einen Verdachtsfall darstellten, solange über sie in den Verfassungsschutzberichten lediglich als Verdachtsfall berichtet werde.

Im am 27. Juni dieses Jahres veröffentlichten Verfassungsschutzbericht 2018 wurde die Identitäre Bewegung weiterhin nur als Verdachtsfall eingestuft. In seiner Pressemitteilung vom 11. Juli erklärte dann aber das BfV, es stufe die Identitäre Bewegung als "gesichert rechtsextremistische Bestrebung gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung" ein.

Zur Begründung führte der Inlandsgeheimdienst unter anderem aus, die Identitäre Bewegung ziele letztlich darauf ab, Menschen mit außereuropäischer Herkunft von demokratischer Teilhabe auszuschließen und sie in einer ihre Menschenwürde verletzenden Weise zu diskriminieren.

Die "Identitären" sah in dieser BfV-Mitteilung einen Verstoß gegen die in dem Berliner Verfahren abgegebene Zusage und beantragten beim Verwaltungsgericht Köln eine einstweilige Anordnung. Diesem Antrag gaben die Kölner Richter nun statt.

Verstoß gegen die Selbstverpflichtung

Das Verwaltungsgericht befand, das dem Innenministerium unterstellte BfV habe durch die in der Pressemitteilung vom Juli erfolgte Verlautbarung gegen die in der schriftlichen Zusage eingegangene verbindliche Selbstverpflichtung verstoßen. Diese habe auch weiterhin Bestand. Denn der am 27. Juni veröffentlichte Verfassungsschutzbericht 2018 lege den Erkenntnisstand von Juni 2019 zugrunde.

Die in der BfV-Mitteilung nur zwei Wochen nach Veröffentlichung des Verfassungsschutzberichts 2018 angeführten tatsächlichen Anhaltspunkte für eine Neubewertung seien sämtlich nicht innerhalb dieses kurzen Zeitraums gewonnen worden, befand das Verwaltungsgericht. Vielmehr seien sie Verfassungsschutz und Innenministerium bereits bei der Vorstellung des Verfassungsschutzberichts 2018 bekannt gewesen - ohne dass dies dazu geführt hätte, die "Identitären" in dem Bericht nicht mehr als bloßen Verdachtsfall einzustufen.

Durch die Verlautbarungen des BfV sei die Identitäre Bewegung in ihrem vom allgemeinen Persönlichkeitsrecht gewährleisteten sozialen Achtungsanspruch verletzt worden, entschied das Verwaltungsgericht. Auch sei sie in ihrem Grundrecht auf freie Meinungsäußerung verletzt.

(APA/AFP)

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