Affäre

Intrige, Bespitzelung, Verfolgungsjagd: Krimi im Bankermilieu Zürichs

Credit Suisse-Chef Tidjane Thiam hat in der Affäre Khan eine weiße Weste
Credit Suisse-Chef Tidjane Thiam hat in der Affäre Khan eine weiße WesteREUTERS
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Der Chef der Großbank Credit Suisse hat laut einer Untersuchung Spitzenmanager Iqbal Khan nicht überwachen lassen. Zwei Topmanager müssen gehen.

Nach einer stümperhaften Beschattungsaktion eines Spitzenbankers mit Verfolgungsjagd in Zürich hat die zweitgrößte Schweizer Bank Credit Suisse (CS) personelle Konsequenzen gezogen. Bankchef Tidjane Thiam bleibt aber im Amt, er habe nichts von der Aktion gewusst, wie Verwaltungsratspräsident Urs Rohner am Dienstag sagte.

Den Hut nehmen müssen dagegen der Leiter des operativen Geschäfts, Chief Operating Officer Pierre-Olivier Bouée, und Sicherheitschef Remo Boccali.

Bouée habe im Alleingang die Bespitzelung des Vermögensverwalters Iqbal Khan organisiert, nachdem Khan bei der CS gekündigt hatte und sein Wechsel zur Konkurrenz UBS bekannt geworden war. Die Bespitzelung eines Ex-Mitarbeiters sei inakzeptabel, so Rohner: "Es ist nicht unsere Art, so zu geschäften." Er spricht von einem "schwerwiegenden Reputationsschaden für die Bank".

Intrigen, Streit unter Alphatieren, dilettantische Detektive - es hört sich an wie ein Filmdrehbuch, was sich im Bankermilieu in Zürich und dem Nobelvorort Herrliberg am Zürichsee abgespielt hat.

Zwei Überflieger

Bank-Chef Thiam (57) und Vermögensverwalter Khan (43) galten als "Dream Team" in der Geschäftsführung. Privat leben sie Zaun an Zaun. Und dann hatten sie plötzlich "das Heu nicht mehr auf der gleichen Bühne", wie die Schweizer sagen. Khan verlässt die CS Anfang Juli. Seit Dienstag ist er bei der UBS Co-Leiter der Vermögensverwaltung.

Was genau zwischen Thiam und Khan vorgefallen ist, wissen nur wenige. Es habe im Jänner Streit gegeben, sagt Rohner. Medien wollen von einer lauten Auseinandersetzung bei einer Cocktailparty für CS-Spitzenkräfte im Hause Thiam wissen. Dabei soll es um Baulärm und Bäume pflanzen gegangen sein und Drohungen gegeben haben. Der Streit habe für unüberbrückbare Differenzen gesorgt, so Rohner.

Der Krimi beginnt dann im September: Khan fühlt sich beschattet, sieht ein Auto, das ihn und seine Frau bedrängt, will die Verfolger vor dem Restaurant Metropol mitten in Zürich zur Rede stellen. Es kommt zu einem lautstarken Streit, vor zahlreichen Passanten ruft Khan die Polizei. Drei Detektive werden vorübergehend festgenommen. Auf Khans Anzeige hin eröffnet die Staatsanwaltschaft Zürich ein Strafverfahren wegen Nötigung. "Mafiamethoden", nennt das Martin Janssen, Ex-Professor der Universität Zürich, in der Presse.

CS-Mann Bouée, ein Vertrauter Thiams, habe den Verdacht gehabt, dass Khan CS-Kollegen abwerben wollte, so die Bank. "Ist das die feine Art? Sicher nicht", sagt ein CS-Mitarbeiter der Deutschen Presse-Agentur. "Aber hier geht es ans Eingemachte. Es geht um Milliardenvermögen." Sehr reiche Kunden bleiben ihren Bankberatern oft treu, auch wenn diese das Bankhaus wechseln.

Das Abwerben von Mitarbeitern der Konkurrenz sei zwar auch nicht die feine Art, aber gang und gäbe, wie Andrea Müller, Professorin an der Managementschule der Hochschule für angewandte Wissenschaften in Zürich (ZHAW) dem Sender SRF sagt. "Selbstverständlich dürfen Firmen das, es gibt keine rechtlichen Vorschriften, die das verbieten."

Thiam und Khan gelten beide als blitzgescheite Überflieger. Ein Konkurrenzkampf unter Spitzenbankern? Thiam stammt aus der Elfenbeinküste. Sein Vater war Minister und Botschafter. Das jüngste von sieben Kindern schafft es mit Bestnoten an französische Eliteuniversitäten. Er geht in die Wirtschaft, wird selbst Minister in dem westafrikanischen Land, gibt nach einem Putsch auf und geht nach Europa zurück. In Großbritannien gelingt ihm ein kometenhafter Aufstieg in die höchsten Konzernetagen. 2015 kommt der Ruf der CS. Khan dagegen wuchs in Pakistan auf. Als er 12 Jahre alt ist, zieht die Familie - die Mutter Schweizerin, der Vater Pakistaner - in die Schweiz. Khan kommt über eine Lehre in die Finanzwelt, studiert und startet beim Wirtschaftsberater Ernst & Young durch. 2013 wechselt er zur CS.

Khan, der Jüngere, gilt als Shooting-Star, war immer wieder als Nachfolger von Thiam bei der CS im Gespräch. Auch bei der UBS wird er jetzt für höchste Weihen als Nachfolger von UBS-Konzernchef Sergio Ermotti gehandelt. Dann wäre er mit Thiam auf Augenhöhe - nur bei der größeren Bank.

(APA/dpa)

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