Gesundheitsbauten

„Die Kernprozesse unterstützen“

Lobby im Kurhaus Marienkron.
Lobby im Kurhaus Marienkron.Steve Haider
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Wohlfühlen hilft: Adäquate Architektur kann bei Immobilien im Wellness- und Heilbereich wesentlich zum Therapieerfolg beitragen. Genau diese sind auch bei Investoren zunehmend begehrt.

Durch richtige Architektur von Gesundheitsbauten könne die Genesungsrate deutlich erhöht werden, ist Christoph M. Achammer, CEO von ATP Architekten Ingenieure, einem der führenden europäischen Planungsbüros, überzeugt: „Es ist natürlich schwierig, solche Zahlen exakt zu erheben, aber es gibt in den USA Studien, die deutlich bessere Genesungsraten belegen.“ In manchen Fällen würden Werte von 30 Prozent genannt, sagt Achammer.

Eine große Rolle spielen Oberflächen, Farben und Licht. „Im Einzelhandel weiß man genau, welche Lichtstimmungen den Umsatz heben, und setzt dieses Wissen ein. Im Gesundheitswesen ist man auf diesem Gebiet noch ziemlich am Anfang“, meint Achammer. Als Beispiel für die hier gegebenen Zusammenhänge verweist er auf Untersuchungen, die zeigen, dass Licht mit einem warmen Farbton zu einem deutlich höheren Melatoninspiegel im Blut führe. Melatonin steuert die innere Uhr des Menschen. Wird es am Abend ausreichend produziert, soll die Schlafqualität und damit die Erholung besser sein. „Der Tiroler Lichtexperte Christian Bartenbach hat sich in vielen Versuchsreihen mit solchen Einflüssen von Licht auf den Menschen beschäftigt“, sagt Achammer. Ähnlich sieht Gunter Farnleitner, Geschäftsführer des Kurhauses Marienkron, die Bedeutung von Licht für eine Gesundheitsimmobilie: „Es spielt eine wesentliche Rolle für das Wohlbefinden des Menschen“, meint er. Der im burgenländischen Mönchhof gelegene Gesundheitsbetrieb wurde im letzten Jahr komplett erneuert, Architekt war Werner Thell. „Helle und freundliche Atmosphäre, so lautete ein wichtiges Ziel des Umbaus“, berichtet Farnleitner. So wurden in vielen Bereichen vier Meter hohe Fenster eingebaut. Gartengestaltung und Bepflanzung rund um das Gebäude sorgen für Blickschutz und bewahren damit die Intimsphäre etwa in den Therapieräumen.

Grundsätzlich sei die Architektur des Kurhauses sehr zurückhaltend, erzählt Farnleitner. Bei den Farben dominieren warmes Rosé und Grün, teilweise sind die Wände in zartem Grau gehalten, dazu passen Hölzer in hellen Tönen. Dieses Farb- und Materialkonzept der Innenarchitekten Mayr & Glatzl soll für eine entspannende Atmosphäre sorgen, erläutert der Geschäftsführer. Auch die Einrichtung wurde auf das Wesentliche reduziert: „Eine Architektur, die gute Stimmung vermittelt, ein Haus, in dem man sich wohlfühlt, hat gewichtigen Anteil am Erfolg einer Kur“, resümiert Farnleitner.

Integrale Planung senkt Kosten

An den Kosten sollte architektonische Qualität nicht scheitern, durch integrale Planung könne bei Gesundheitsimmobilien jeglicher Größenordnung wesentlich ökonomischer gebaut werden, meint Achammer. Generell werde in diesem Bereich noch viel zu wenig darauf geachtet, bereits von der ersten Planungsphase an alle Beteiligten einzubinden und frühzeitig die Aufgaben des Objektes exakt zu definieren. „Letztlich geht es darum, dass ein Bauwerk die hier ablaufenden Kernprozesse optimal unterstützt“, sagt Achammer. Sein Unternehmen hat zu Jahresbeginn einen großen Objektplaner übernommen, der mit dem Know-how von ATP zu einem Spezialisten für integrale Planung in den Bereichen Gesundheit, Forschung und Industrie ausgebaut werden soll. Achammer sieht in Europa bei Immobilien für die Gesundheit einen sehr stark wachsenden Markt.
Dieser Meinung sind auch die Investoren. So kaufte laut einer Meldung des „Handelsblattes“ der französische Investor Primonial im August ein Portfolio im Wert von rund 250 Millionen Euro, das 20 Pflegeheime in Deutschland mit knapp 2000 Betten umfasst. Bereits im ersten Quartal 2019 verzeichneten Gesundheitsimmobilien in Deutschland laut einer Analyse des globalen Immobiliendienstleisters CBRE als eine von wenigen Immobilienassetklassen einen Anstieg des Transaktionsvolumens. Neben klassischen Pflegeimmobilien, bei denen die Nachfrage das Angebot übersteige, rücken laut CBRE immer öfter Kliniken und Ärztehäuser in den Fokus der Investoren.

Österreich hinke im internationalen Vergleich mit Deutschland noch etwas hinterher, aber auch hier spiele der Gesundheits- und Pflegesektor eine immer wichtigere Rolle für den Immobilienmarkt, sagt Mario Schwaiger, Bereichsleiter Einzelhandelsimmobilien und Spezialist für Gesundheitsimmobilien bei EHL, zum heimischen Markt. Dabei seien die Voraussetzungen für Investitionen in diesem Bereich insbesondere seit dem Wegfall des Pflegeregresses 2018 sehr günstig. „Ich rechne damit, dass wir hier in den kommenden Jahren einen deutlichen Anstieg der Entwicklungstätigkeit sehen werden“, sagt Schwaiger.

Gutes Potenzial für auf Primärversorgungszentren zugeschnittene Objekte sieht er in mittelgroßen Städten und überall dort, wo mehrere Ärzte durch einen räumlichen und organisatorischen Zusammenschluss Synergien nutzen wollen. „Wenn das Einzugsgebiet passt, gibt es also auch in einem kleineren Ort gute Potenziale.“ Vermehrt genutzt für Gesundheitsdienstleistungen und Fitnesseinrichtungen werden seit Kurzem Retailflächen in Einkaufszentren. Wobei hier der Planer besonders gefordert ist, um eine Wohlfühlatmosphäre zu schaffen.

GESUNDE ARCHITEKTUR

Eigentlich nicht verwunderlich: Gute Architektur hat auf den Erfolg einer Therapie oder einer Kur wesentlichen Einfluss. Das bestätigen jedenfalls Studien aus den USA. Eine wesentliche Rolle spielen Materialen, Farben und Licht, die für eine ruhige, entspannte Wohlfühlatmosphäre sorgen.

Der Bedarf an solchen Immobilien wächst allein aufgrund der demografischen Entwicklung: Die Gesellschaft altert. Das hat in ganz Europa das Interesse der Investoren an Gesundheitsimmobilien geweckt. Auch in Österreich wird es in diesem Bereich zu einem deutlichen Anstieg der Entwicklungstätigkeit kommen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.10.2019)

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