Abfallvermeidung

Rom: 30 Plastikflaschen für ein U-Bahn-Ticket

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Im Kampf gegen die rasant wachsenden Berge an Einwegflaschen setzen Regierungen auf kreative Ansätze.

Weltweit werden pro Sekunde eine Million Plastikflaschen erworben und bis 2021 soll diese Zahl sogar noch einmal um ein Fünftel ansteigen. In Bildern häuft sich so jede Stunde ein Plastikflaschenberg an, der größer ist als die 38 Meter hohe Christusstatue in Rio de Janeiro, errechnete vor Kurzem die Nachrichtenagentur Reuters. In 24 Stunden würden sich demnach so viele Plastikflaschen anhäufen, dass sie bis zur Hälfte des 324 Meter hohen Eiffelturms reichen.

Das Problem: Ein Großteil der produzierten PET-Flaschen wird bloß einmal verwendet. Nur ein Bruchteil wird recycelt und ein noch kleinerer Bestandteil wird zu neuen Plastikflaschen gemacht. Stattdessen landen die Einwegflaschen in der Natur. Sie sind allerdings nur ein Bruchteil des Plastikmülls, der sich mittlerweile in den Ozeanen ansammelt, wo bis 2050 mehr Tonnen an Plastikabfall als an Fischen vorhanden sein könnte.

Immer mehr Regierungen setzen daher auf kreative Ideen, um ihre Bevölkerung zu mehr Recycling zu bewegen. Ein Konzept ist das „Zahlen“ mit Flaschen. Ein derartiges Pilotprojekt hat die römische Stadtregierung im Juli gestartet. Bei drei Öffi-Stationen in der italienischen Hauptstadt können Kunden nun PET-Flaschen in Automaten einwerfen. Jede recycelte Flasche bringt fünf Cent Rabatt auf ein U-Bahn- oder Busticket. Die Bonuspunkte werden in einer eigenen App gesammelt.

Zur besseren Einordnung: Mit 30 abgegebene Flaschen können sich Kunden eine Einzelfahrt im Wert von 1,50 Euro ersparen. Bis Juli 2020 soll die Pilotphase des Projekts „+Ricicli +Viaggi” (Mehr Recycling, mehr Reisen) dauern. Ein ähnliches System hatte Istanbul im vergangenen Jahr eingeführt. Auch in der indonesischen Stadt Surubaya akzeptieren Busse Plastikbecher oder -flaschen. Eine zehnstündige Fahrt kostet dort zehn Becher oder fünf Flaschen.

>>> Zum Dossier: Plastik, wir haben ein Problem

Deutschland ist Vorreiter, Österreich hat Aufholbedarf

Ein europäischer Vorreiter in Sachen Flaschensammlung ist Österreichs Nachbar: In Deutschland wurden 2015 laut Bericht der Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung 93,5 Prozent aller PET-Flaschen wiederverwertet, bei den PET-Flaschen mit Pfand waren es sogar 97,9 Prozent. Berlin liefert seinen Bürgern mit einem Pfandsystem seit 2006 Anreize, PET-Flaschen zur Wiederverwertung abzugeben: 25 Cent sind dem Handel Pfandflaschen aus Plastik wert.

Kommen in Deutschland jährlich Plastikflaschen mit einem Gewicht von 470.000 Tonnen auf den Markt, sind es in Österreich 40.000 Tonnen an Einwegflaschen. Der jährliche Pro-Kopf-Verbrauch ist in Deutschland damit zwar etwas höher, doch hat Österreich Aufholbedarf, wenn es um das Sammeln und Recyceln der Getränkeverpackung geht.

Etwa drei von vier PET-Flaschen werden eingesammelt. Doch nur 25.000 Tonnen der 40.000 Tonnen wurden laut Zahlen der Pet-2-Pet Recycling Österreich 2018 zu neuen Plastikflaschen oder anderen Produkten verarbeitet. Der Rest wird wird thermisch verwertet. Zudem hat die EU vergangenen Dezember in der Plastik-Richtlinie vorgegeben, dass die Sammelquote von Plastikflaschen 2029 bei 90 Prozent liegen soll. Österreich muss sich in den nächsten Jahren also noch steigern.

In diesem Zusammenhang wurde zu Jahresbeginn auch hierzulande über ein Pfandsystem für Plastikflaschen diskutiert. Doch Handel, Wirtschaftsvertreter und Recyclingwirtschaft sind dagegen: Der bürokratische Aufwand sei zu hoch, den Handelsketten käme ein Pfand zu teuer. Wien setzt stattdessen seit Kurzem auf eine neue Tonne, die die Mülltrennung vereinfachen soll.

(me)

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