Brexit

Corbyn glaubt an Neuwahlen noch vor Weihnachten

Der Labour-Chef droht Boris Johnson mit Konsequenzen, sollte der Premier nicht den Brexit verschieben.

Der britische Oppositionsführer Jeremy Corbyn rechnet noch vor Weihnachten mit Neuwahlen. Das habe eine hohe Wahrscheinlichkeit, sagte er am Sonntag zu Journalisten. "Wir sind jederzeit für Wahlen bereit." Der Labour-Chef hofft trotz schwacher Umfragewerte, bei Wahlen Premierminister werden zu können.

Allerdings ist seine eigene Partei beim Brexit-Kurs gespalten. Auf dem jüngsten Parteitag hatte er jedoch die Unterstützung bekommen, zunächst in eine Wahl zu gehen und danach in einer Sonderkonferenz die Strategie zum Austritt aus der Europäischen Union festzulegen. Spätestens sechs Monate nach einem Wahlsieg Labours soll es ein zweites Referendum über einen EU-Austritt Großbritanniens geben.

Corbyn ergänzte, es werde parlamentarische Maßnahmen gegen Boris Johnson geben, wenn der konservative Premierminister nicht wie mittlerweile gesetzlich vorgeschrieben den Ende Oktober vorgesehenen Brexit verschiebt, sollte es bis dahin keinen Deal mit der EU über die Scheidungsdetails geben. Johnson will notfalls auch ohne Abkommen die EU verlassen. Das Parlament lehnt das aber ab.

Johnson will mit Macron und Merkel sprechen

Derzeit verhandeln die Unterhändler in Brüssel im Streit über den geplanten EU-Austritt Großbritanniens hinter verschlossenen Türen über eine Einigung in letzter Minute. Das britische Kabinett soll noch am Sonntag über den Stand der Brexit-Gespräche informiert werden. Das sagte der Vorsitzende des Unterhauses, Jacob Rees-Mogg, in einem Interview des Senders Sky News am Morgen. 

Die "Times on Sunday" berichtete unter Berufung auf eine ungenannte Quelle, Johnson wolle am Montagabend mit EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, Frankreichs Präsidenten Emmanuel Macron und Bundeskanzlerin Angela Merkel sprechen, um auszuloten, ob eine Einigung möglich sei.

Am vergangenen Donnerstag war nach einem Treffen Johnsons mit dem irischen Regierungschef Leo Varadkar unerwartet Bewegung in die Gespräche gekommen. Spekuliert wird, London habe Zugeständnisse bei der Frage in Aussicht gestellt, wie künftig Grenzkontrollen zwischen dem britischen Nordirland und dem EU-Mitglied Irland vermieden werden können.

EU-Gipfel kurz vor Brexit-Frist

Sollten sich London und Brüssel bis zum EU-Gipfel am kommenden Donnerstag und Freitag einig werden, hätte Johnson nur noch einen Tag, um die Zustimmung des Unterhauses einzuholen. Ansonsten muss er einem Gesetz zufolge eine Verlängerung der Brexit-Frist beantragen. Nach derzeitigem Stand soll Großbritannien am 31. Oktober aus der EU austreten.

Das Parlament wird an diesem Montag nach einer von Johnson auferlegten Pause von Königin Elizabeth II. wieder eröffnet. Am Samstag könnte es dann zum großen Showdown kommen, bei dem Johnson seinen Brexit-Deal vorlegen könnte. Es gilt aber als sehr zweifelhaft, ob er eine Mehrheit erringen kann. Der Premier wäre auf Unterstützung aus der Opposition angewiesen.

Nach Medienberichten schwebt Johnson offenbar eine Regelung vor, nach der das britische Nordirland eine Art Zoll-Partnerschaft mit der EU eingeht und gleichzeitig Teil der Zollunion des Vereinigten Königreiches bleibt. Der Partner von Johnsons konservativen Tories, die nordirische DUP, bezweifelt allerdings, dass das machbar ist. Die DUP befürchtet, dass die Zollkontrollen zwischen der EU und Großbritannien dann auf die Grenze zwischen dem britischen Nordirland und der britischen Insel verlagert werden.

Diese Lösung lehnte der stellvertretende DUP-Chef Nigel Dodds in einem Interview mit der italienischen Zeitung "Repubblica" ab: "Das kann nicht funktionieren, weil Nordirland gleichberechtigter Teil der britischen Zollunion bleiben muss." Johnson ist jedoch auch auf die DUP angewiesen. Auch Labour-Oppositionschef Jeremy Corbyn lehnt den Vorschlag ab. "Wenn eine Grenze geschaffen wird in der Irischen See statt in Irland selbst, wird das Probleme bringen", sagte er Sky News in einem Interview.

(APA/dpa/Reuters)

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