Prävention

Gürtelrose: Eine Impfung als beste Behandlung

Doctor Giving Male Patient Injection
Doctor Giving Male Patient Injection(c) Getty Images/ iStockphoto
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Sie ist schmerzhaft und in seltenen Fällen auch langwierig: Die Gürtelrose. Der Erreger schlummert in fast jedem von uns. Ein neuer Impfstoff kann die Wahrscheinlichkeit eines Ausbruchs aber deutlich verringern.

Die Gürtelrose ist eigentlich eine Spätfolge einer anderen Erkrankung – der Windpocken. Ausgelöst wird eine Gürtelrose durch das Varizella-Zoster-Virus aus der Familie der Herpes-Viren, das bei uns praktisch jeder über 40-Jährige in sich trägt. Und zwar, weil wir fast alle schon in der Kindheit Kontakt mit Varizellen hatten, die im ersten Schritt Windpocken auslösen. Gegen Windpocken (auch Feucht- oder Schafblattern) ist man dann nach überstandenem Ausbruch lebenslang immun, nicht aber gegen das zweite ‚Standbein‘ der Varizella-Viren, die Gürtelrose“, erklärt Ingomar Mutz, langjähriger Vorsitzender des Impfausschusses des Obersten Sanitätsrates. „Gegen Windpocken gibt es seit 15 Jahren eine eigene Impfung, denn die Erkrankung ist keineswegs harmlos“, sagt der Experte. Eltern, die ihre Kinder gegen das Varizella-Virus impfen lassen, ersparen ihnen damit nicht nur die Windpocken, sondern bewahren sie weitgehend auch davor, als Erwachsene eine Gürtelrose zu erleiden. Denn nach überstandenen Windpocken verschwinden die Viren nicht aus dem Körper, sie ziehen sich nur in die Nervenwurzeln zurück. Dort hält sie das Immunsystem in Schach – wenn man Glück hat, ein Leben lang. Wenn nicht, schlägt das Virus in Form einer Gürtelrose neuerlich zu. Und zwar meist ab dem 50. Lebensjahr, wenn die Abwehrkräfte generell nachlassen und die Wahrscheinlichkeit von anderen, das Immunsystem schwächenden Erkrankungen steigt. Auch Dauerstress und lange Phasen seelischer Belastungen können zur Reaktivierung der Varizella-Viren führen. Denn bei Stress mobilisiert der Körper sämtliche Energiereserven, allerdings auf Kosten der sogenannten spezifischen Immunabwehr. Sie konzentriert sich im Normalfall auf die Verteidigung gegen ganz bestimmte Krankheitserreger, wie das Varizella-Virus, kann diese unter Stress aber eben nicht mehr kontrollieren.

Schmerzhafter Ausschlag. Namensgebendes Symptom der Gürtelrose ist ein Ausschlag. Wenn die sogenannten sensiblen Nerven von Varizella-Viren betroffen sind, tritt Herpes zoster als schmerzhafter Ausschlag auf genau jenen Hautarealen auf, die von diesen Nerven versorgt werden. In etwa 50 Prozent der Fälle ist der Rumpf betroffen, wobei die entsprechenden Nervenbahnen gürtelförmig von der Wirbelsäule zum Brustkorb verlaufen. „Schmerzen können aber auch im Gesicht, an Beinen, Füßen, Armen, Händen und am Gesäß auftreten“, erklärt Alexandra Geusau, Oberärztin an der Universitätsklinik für Dermatologie in Wien. Typischerweise erscheinen die Symptome nur auf einer Körperhälfte. Die Haut ist an diesen Stellen entzündlich gerötet und zeigt Bläschen, die verkrusten und sich nach zwei bis drei Wochen ablösen.

Manchmal tritt auch Juckreiz auf. Schon ein paar Tage vor dem Ausschlag spüren viele Betroffene Schmerzen, die allerdings schwer zuordenbar sind und so nicht selten den Verdacht auf andere Ursachen lenken, von Kreuzschmerzen bis hin zu Zahnwurzelentzündungen, räumt die Dermatologin ein. Auch Abgeschlagenheit, Fieber oder Kopfschmerzen kommen vor. „Spätestens wenn sich Bläschen bilden, sollte man zum Arzt gehen, denn die medikamentöse Behandlung schlägt umso besser an, je früher man damit beginnt“, rät Geusau. Die Therapie fußt auf drei Säulen. Zum einen wird die Vermehrung der Viren mittels Virostatika eingedämmt. In der Akutphase – meist sieben bis zehn Tage – können zusätzlich Schmerzmittel verordnet werden. Gele und Lotionen fördern schließlich das Abheilen der Bläschen. Im Schnitt dauert die Erkrankung vier Wochen und heilt überwiegend ohne Komplikationen ab. Wer einmal Gürtelrose hatte, bekommt sie im Normalfall nicht nochmals. Allerdings: Ist das Immunsystem sehr geschwächt, kann es immer wieder zu Ausbrüchen kommen. Generell steigt mit dem Alter auch die Gefahr von Komplikationen: Bis zu einem Drittel aller Patienten leidet mehr als vier Wochen nach Abklingen des Ausschlags noch immer unter teils schweren Nervenschmerzen, bei den über 70-Jährigen sind es sogar drei Viertel. Geusau: „Eine solche Post-Zoster-Neuralgie ist die häufigste Komplikation. Sie kann Monate dauern, im schlimmsten Fall sogar chronisch werden. Die Therapiemöglichkeiten sind sehr limitiert“, sagt Geusau. Auch andere Komplikationen können vorkommen, etwa Narben oder eine bakterielle Infektion, die mit Antibiotika behandelt werden muss. Neben den Rückenmarksnerven kann das Varizella-Virus auch den Trigeminusnerv befallen. Er versorgt das Gesicht, sodass auch dort Ausschläge und sogar Lähmungen möglich sind.

Neuer Impfstoff. Die gute Nachricht: Auch gegen die Gürtelrose gibt es seit dem Vorjahr einen neuen Totimpfstoff. Dieser wird etwa in Deutschland gut angenommen. „So gut, dass man momentan mit Lieferengpässen kämpft, die aber bis Jahresende behoben sein sollten“, berichtet Mutz. Laut dem deutschen Robert-Koch-Institut verringert der Impfstoff das Erkrankungsrisiko um etwa 90 Prozent. Im Laufe ihres Lebens erkranken 33 von 100 Menschen an einer Gürtelrose, von den geimpften nur drei von hundert.

Der Österreichische Impfplan empfiehlt den neuen Totimpfstoff allen Menschen ab dem vollendeten 50. Lebensjahr, besonders gefährdeten, also Personen mit Erkrankungen, die das Immunsystem beeinträchtigen oder eine immunsuppressive Therapie notwendig machen, auch schon früher. Geimpft wird zweimal im Abstand von mindestens zwei, maximal sechs Monaten.

»Wer einmal Gürtelrose hatte, bekommt sie im Normalfall nicht nochmals. Es sei denn, das Immunsystem ist sehr geschwächt.«



Wie jede Impfung kann es auch hier Impfreaktionen geben. Mutz: „Das sind erwartbare Reaktionen des Immunsystems, die bei einem so hochwirksamen Impfstoff mitunter etwas häufiger auftreten. So wurden bei einem von zehn Geimpften an der Injektionsstelle Rötungen, Schwellungen oder Schmerzen beobachtet, auch Fieber oder Kopfweh kamen vor. Diese Symptome klingen aber nach ein bis zwei Tagen ab und stehen in keiner Relation zu Schmerzen und Risiken bei einer Gürtelrose.

Wer sich in Österreich gegen Gürtelrose impfen lassen will, kann den Totimpfstoff in der Apotheke anfordern. Das kostet derzeit einige Hundert Euro. „In Österreich erkranken jährlich 30.000 bis 40.000 Menschen. Der neue Impfstoff kann eine Gürtelrose in neun von zehn Fällen verhindern“, betont Mutz. Und zwar mindestens zehn Jahre lang, wie Experten schätzen. Genaueres werden Langzeitstudien zeigen. „Neben der stärkeren und längeren Schutzwirkung hat der neue Totimpfstoff aber noch einen anderen Riesenvorteil im Vergleich zur Vorgängerimpfung: Er eignet sich auch für Patienten, deren Immunsystem krankheitsbedingt oder durch eine Suppressionstherapie geschwächt ist“, erklärt Mutz. Das heißt, auch nach Transplantationen, bei einer Krebstherapie oder bei Autoimmunerkrankungen kann man sich nun effektiv gegen eine Gürtelrose wappnen. Auch bei Patienten mit der chronischen Form ist der Impfstoff laut Geusau sinnvoll. „Die letzten Symptome müssen aber mindestens zwei Monate zuvor abgeklungen sein“, erklärt die Expertin.

Die Vorteile der Impfung vor Augen, zeigt sich Dermatologin Geusau insgesamt optimistisch: „Interessant wird die Entwicklung in den nächsten Jahrzehnten. Sowohl die Impfung gegen die Windpocken als auch die gegen Herpes zoster werden langfristig dazu führen, dass weniger Menschen an Gürtelrose erkranken.“

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