Büromarkt Wien

Run auf Büroimmobilien

Das „Vienna Twenty Two“ im 22. Bezirk: In dem Großprojekt werden ab 2022 größere Büroflächen auf den Markt kommen.
Das „Vienna Twenty Two“ im 22. Bezirk: In dem Großprojekt werden ab 2022 größere Büroflächen auf den Markt kommen.(c) Signa/Are
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Da derzeit kaum größere neue Flächen auf den Markt kommen, rücken Revitalisierungen verstärkt in den Vordergrund. Aber nicht immer ist das eine Option.

Heuer kamen lediglich 45.000 Quadratmeter Büroflächen zur Vermietung auf den Markt, und nächstes Jahr schaut es nicht besser aus. Zwar werden rund 160.000 Quadratmeter Fläche durch Sanierung oder Neubauten geschaffen, „doch davon sind bereits rund zwei Drittel vergeben“, weiß Thomas Schanda, Bereichsleiter Büroimmobilien bei EHL. Also bleiben aktuell für 2020 lediglich 50.000 Quadratmeter Neufläche über. „Es gibt schon noch einzelne freie zusammenhängende Flächen, die derzeit auf dem Markt verfügbar sind“, berichtet Elisa Stadlinger, Abteilungsleitung Büro- und Gewerbeimmobilien der Örag: „Aber nicht mehr so viele, wie wir eigentlich nach den Fertigstellungen im vergangenen Jahr erwartet hätten. Die meisten wurden vom Markt aufgesogen, und übrig geblieben sind vor allem die Flächen im hochpreisigen Segment.“ Ähnlich äußert sich Mario Stöckel, Head of Real Estate bei Colliers International: „Vor zwei Jahren waren alle skeptisch, wer diese Masse an Büroflächen mieten wird. Zumindest derzeit ist der Vermietungsgrad aber sehr gut.“

Knappes Angebot bis 2021

Das heißt, wer sich nicht rechtzeitig um Flächen gekümmert hat, muss sich entweder bei den teureren umsehen oder auf die nächste Welle warten. Aber auch dabei sollte man sich nicht zu viel Zeit lassen, denn die Nachfrage nach diesen Projekten bestimmt schon jetzt den Markt. „Wer sich Flächen sichern möchte, der sollte es jetzt tun“, meint Schanda. Da die nächste Neubauwelle erst wieder 2021 anrollt, muss aktuell mit rund 18 Monaten Wartezeit gerechnet werden.

Mit 32.000 Quadratmetern kommt zunächst der Austro Tower der Soravia Group auf den Markt, richtig los geht es mit großflächigen Neubauprojekten aber erst wieder 2022. Dann werden das „ViennaTwentyTwo“ im 22. Bezirk, das „Francis Vienna“ auf den Althangründen beim Franz-Josefs-Bahnhof oder der Büroturm „Weitblick“ im Viertel Zwei fertiggestellt. In den zuletzt besonders stark gewachsenen Büroclustern, wie zum Beispiel der Region Lassallestraße/Messe/Prater, dem Quartier Belvedere am Hauptbahnhof oder der Region Wienerberg sind die Entwicklungspotenziale hingegen weitgehend erschöpft. Bis 2021 dürfte es zu einer spürbaren Angebotsverknappung – beziehungsweise – Angebotsveränderung kommen. Bedingt durch den Mangel an neuen Flächen „wird in den nächsten zwei Jahren nämlich sehr viel im Refurbishment passieren“, meint Stadlinger: „Alte Büroflächen werden umgebaut, technisch modernisiert und den Bedürfnissen der neuen Arbeitswelten angepasst.“

Verkehrsanbindung zentral

Das gilt aber nicht für alle älteren Büroflächen. Sie müssen sich rechnen und für die Anforderungen der neuen Arbeitswelten adaptierbar sein. Thomas Schanda: „Redevelopments finden nur dort statt, wo man die Bedürfnisse der Mieter entsprechend bedienen kann.“ Wo das nicht möglich ist, werden die Objekte in andere Assets umgewandelt, wobei Wohnen und Hotels in innerstädtischen Lagen eine bevorzugte Option darstellen.

In welche Richtung man sich bei der Sanierung alter Büroflächen bewegt, hängt nicht zuletzt von der Lage ab. Viele dürften in den Bezirken eins bis neun umgesetzt werden, wobei das Argument einer Anbindung an das engmaschige Nahverkehrssystem am schlagkräftigsten ist. Im ersten Bezirk sieht es allerdings weder mit Neubauten noch mit sanierten Objekten wirklich gut aus. Vor allem im Central Business District (CBD) herrscht ein akuter Flächenmangel. „Im CBD gibt es derzeit keine zusammenhängenden größeren Flächen, die verfügbar wären“, berichtet Stöckel. Hier sollte man bei Umzugsplänen einen mindestens zweijährigen Zeitpuffer einkalkulieren, betont die Expertin.

Im größten Sanierungsprojekt der City, dem Haus am Schottentor, sind beispielsweise bereits vor Abschluss der Revitalisierungsarbeiten alle Flächen vergeben. Zuletzt hat sich die Xing-Betreiberfirma New Work SE mit ihren lokalen Töchtern Xing E-Recruiting und Prescreen eingemietet. Aufgrund der Flächenknappheit „gibt es derzeit Wartelisten, und sobald in der Innenstadt ein Objekt spruchreif wird, wird es bereits über Vormerkkunden verwertet“, weiß Örag-Abteilungsleiterin Stadlinger.

Effizientere Flächennutzung

Mit einem Umzug geht aber nicht nur eine räumliche Veränderung einher – zuweilen dienen die neuen Flächen auch dazu, das eigene Image aufzupolieren. Das geht oftmals mit einer Flächenoptimierung einher. „Internationale Konzerne haben oft Benchmarks für ihre Bürohäuser“, weiß Stöckel. Benötige das Unternehmen in Wien mehr Quadratmeter pro Mitarbeiter als beispielsweise an einem anderen europäischen Standort wie Paris oder London, „müssen die Flächen effizienter genutzt – oder der CO2-Footprint reduziert werden“. Stadlinger sieht noch eine weitere Entwicklung: „Die Quadratmeter verschieben sich“, sagt die Office-Expertin. Durch Desk-Sharing-Konzepte oder verbesserte Grundrisse würde zwar an der Arbeitsfläche gespart, die eingesparten Flächen würden aber anders genutzt: „Als Gemeinschaftsflächen.“

AUF EINEN BLICK

2019 war durch eine äußerst geringe Neuflächenproduktion von rund 45.000 m2 geprägt. Die heuer fertiggestellten Objekte, aber auch jene von 2018 weisen einen dementsprechend hohen Vermietungsgrad, teilweise sogar eine Vollvermietung auf. 2020 soll die Neuflächenproduktion zwar wieder auf 165.000 m2 ansteigen, zwei Drittel davon sind allerdings bereits jetzt schon vergeben. Die Angebotslücke sollen Revitalisierungen stopfen, die vor allem in innerstädtischen Lagen durchgeführt werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.11.2019)

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