Alternative Finanzierungen

Immobilienentwicklung: Neue Kanäle ebnen Weg zur Liquidität

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Hohe Eigenmittelquoten für Kredite und niedrige Renditen für sichere Veranlagungen befeuern den Markt.

Für Immobilienentwickler stellt sich derzeit die große Frage: Hab ich Zugang zu Liquidität? Diese war zwar auch in der Vergangenheit alles andere als unwichtig, allerdings schlügen die regulatorischen Einschränkungen, die im Zug der Finanzkrise umgesetzt wurden, erst seit 2016 richtig durch, sagt Christoph Urbanek, Rechtsanwalt und Partner in der Finance-&-Projects-Gruppe von DLA Piper Österreich. „Seitdem hat sich die Kreditvergabe der Banken für Immobilienprojekte nachhaltig eingeschränkt. Begleitet werden nur mehr Developer und Bauträger, die eine hohe Eigenmittelquote aufweisen.“

Mezzaninmarkt im Aufwind

Die Folge dieser Entwicklung: Vor allem kleinere und mittlere Entwickler müssen sich nach alternativen Finanzierungsformen umsehen – unter anderem mit dem Ziel, ihre Eigenmittelquoten aufzustocken. Bei Family Offices, Privatstiftungen, Private-Equity-Gebern oder vermögenden Privatpersonen stoßen sie dabei immer öfter auf offene Ohren. Denn in Zeiten des Niedrigzinsumfelds sucht Kapital nach attraktiven Veranlagungsmöglichkeiten. „Der ungebrochene Glaube an Immobilien hat den Mezzaninmarkt befeuert“, berichtet Bernd Winter, Partner und Leiter Branchencenter Immobilienunternehmen bei BDO Austria.

Entwickler suchen Finanzierungen, Kapitalgeber attraktive Renditen.
Entwickler suchen Finanzierungen, Kapitalgeber attraktive Renditen. (c) Getty Images/iStockphoto (fizkes)

Laut Winter werden viele Immobilienprojekte heute über drei Seiten finanziert: Eigenkapitalgeber, Mezzaninkapitalgeber und Bank. Je nach Risikoeinschätzung des Projekts würden die Mezzaninkapitalgeber bis zu 18 Prozent Rendite verlangen. „Ein Vorteil ist, dass mit Mezzanin-Finanzierungen viel Flexibilität verbunden ist“, erklärt Christoph Pramböck, Partner und Leiter Competence Center Immobilienbewertung bei BDO Austria. Mit diesen ließen sich viele verschiedene Formen von Mitgestaltungsrechten bis hin zur reinen Kapitalgeberfunktion vereinbaren.

Vom aktuellen Immobilieninvestmentboom haben auch Crowdinvesting-Plattformen profitiert. Laut dem Branchenportal Crowdcircus verzeichneten Immoprojekte allein im ersten Halbjahr 2019 einen Mittelzufluss von 27,5 Mio. Euro, was einem Plus von rund 85 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum entspricht. „Die Crowd hat sich mittlerweile in Österreich als Finanzierungsform für kleinere Immobilienprojekte etabliert“, weiß Urbanek. In die gleiche Kerbe schlägt Tobias Leodolter, Mitgründer und CMO bei Rendity. Bei größeren Playern stehe weniger der Finanzierungsaspekt denn Marketingüberlegungen im Vordergrund. „Oft stehen hinter der Entscheidung für das Crowdinvesting bei den Entwicklern aber auch Vertriebsüberlegungen.“

Private Debt als Alternative

Bei BDO Austria steht man dieser Finanzierungsform allerdings kritisch gegenüber. „Einerseits ist sie vergleichsweise wenig aufsichtsrechtlich geregelt. Andererseits werden die Anleger nicht ausreichend über Projekte informiert, um die tatsächlichen Risken umfassend einschätzen zu können“, meint Pramböck. Gleichzeitig räumt der Experte aber ein, dass in Österreich bisher keines dieser Projekte gescheitert sei. Ausfälle könnten aber zum Thema werden, sollte es zu einem Abflauen des Immobilienbooms kommen.

Ein Trend, der aus England und Deutschland kommt, ist Private Debt. Winter spricht von einer Art „Privatdarlehen“. „Dabei handelt es sich in der Regel um gebündelte Verbindlichkeiten größerer Kreditgeber – die anders als bei Anleihen – ohne öffentliches Zeichnungsangebot und Prospekt von den Developern aufgenommen werden, sofern es die kapitalmarktrechtlichen Vorschriften zulassen“, erklärt er.

Bei den großen börsenotierten Entwicklern sind die alternativen Finanzierungsformen hingegen kaum relevant. „Diese finanzieren sich am günstigen über den Kapitalmarkt in Form von Unternehmensanleihen und auf Projektebene über die klassische Hypothekenfinanzierung mit einem konservativen Leverage“, weiß Stefan Marker, Head of Debt Funding bei der CA Immo. Unabhängig davon versprechen sich die Experten vom Markt für alternative Finanzierungen einiges Potenzial. „Noch steckt er freilich in den Kinderschuhen und ist nicht so strukturiert wie in Deutschland“, betont Urbanek.

AUF EINEN BLICK

Aufgrund hoher Eigenmittelquoten für Bankkredite und niedriger Renditen für sichere Veranlagungen wie Anleihen oder Sparbuch haben alternative Immobilienfinanzierungen wie Crowdinvesting, Mezzanin-Kapital oder Private Debt an Bedeutung gewonnen.

Zu den Playern auf dem Markt gehören Family Offices, Privatstiftungen, Private-Equity-Geber und vermögende Privatpersonen. Sie suchen sowohl Wohn- als auch Gewerbeprojekte unterschiedlicher Größe.

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