Sprechende Hunde. Können sie mit Jakob und Mimmi den Park retten?
Kinderfilmfestival

Fenster zur Welt öffnen

Das 31. Kinderfilmfestival Wien zeigt cineastische Preziosen in der Originalsprache.

Chuskit ist ein fröhliches und wissbegieriges kleines Mädchen, das sich schon sehr auf den Schulbeginn freut. Doch dann hat es einen Unfall – und ist querschnittgelähmt. Das ändert alles. Denn Chuskit lebt in einem kleinen Dorf im Himalaya-Gebiet, und dort ist alles steil und voller Stufen. Der Traum von der Schule scheint zu platzen. Doch das Mädchen gibt nicht auf. „Wir waren begeistert von dem Film“, schildert Martina Lassacher, Leiterin des Kinderfilmfestivals. „Es sind tolle Laienschauspieler, eine schöne Geschichte und wunderschöne Landschaftsbilder.“

Ein Fenster zur Welt öffnen – das ist eines der Anliegen des Kinderfilmfestivals Wien, das heuer vom 16. bis 24. November in verschiedenen Wiener Kinos über die Bühne geht. Die Filme, die hier zu sehen sind, sind handverlesen – mit großer Sorgfalt ausgewählt und mit Altersangaben versehen. Sie werden in der jeweiligen Originalsprache gezeigt und von einem Festivalmitglied während der Vorstellung auf Deutsch eingesprochen.

„Chuskit“. ­Der Eröffnungsfilm des Festivals stammt aus ­Ladakh.
„Chuskit“. ­Der Eröffnungsfilm des Festivals stammt aus ­Ladakh. Kaavya Films Pvt.Ltd.

Schöne Animationsfilme. Für die Allerkleinsten (ab vier) gibt es etwa das Kurzfilmprogramm „Ein bisschen anders“: „Das sind kurze, abgeschlossene Geschichten, die wir selbst zusammengestellt haben. Etwa über einen Tiger ohne Streifen oder eine Krähe, die weiß ist. Jede Episode dauert circa sechs Minuten, nach drei Geschichten gibt es eine WC-Pause, und insgesamt ist das Programm nicht länger als 45 Minuten,“ so Lassacher.

Aktuelle Themen auf kindgerechte Weise zu vermitteln ist ein weiteres Anliegen der Festivalmacher. Bei „Jakob, Mimmi und die sprechenden Hunde“ geht es um die Umwelt. Ein Park mit all seinen Bäumen soll einem riesigen Wolkenkratzer weichen. „Abgesehen vom Thema begeistert der Film mit seiner Machart. Es ist eine lettisch-polnische Koproduktion. In den kommunistischen Ländern, vor allem in Polen, gab es berühmte Schulen für Animation, in Polen sind die auch nach dem Kommunismus bestehen geblieben. Der Film ist wunderbar gezeichnet.“

Ein Pelikan als Freund. Stormboy wächst in der Einöde Australiens auf.
Ein Pelikan als Freund. Stormboy wächst in der Einöde Australiens auf.NFSA Australia

Ein Kinderfilm-Klassiker, der in neu digitalisierter Fassung zu sehen ist, ist „Stormboy“ (Australien, 1976). „In den 1970er-Jahren hat man erst angefangen, Filme für Kinder zu machen. ,Stormboy‘ ist einer der schönsten Kinderfilme, die ich kenne“, sagt Lassacher. Diesmal geht es um einen Buben, der abgelegen an der australischen Küste lebt und in die Schule gehen will – aber nicht darf. Sein Vater hat schlechte Erfahrungen mit den Menschen gemacht. Doch Mike vermisst den Kontakt zu anderen Menschen. Er freundet sich mit dem Aborigine Fingerbone an und zieht drei Pelikanwaisen auf. Auch hier gibt’s tolle Naturaufnahmen!

Ein Dokumentarfilm, der das Thema Flucht aus kindlicher Perspektive zeigt, ist „Früher mochte ich das Meer“. „Eines Morgens bin ich aufgewacht, und mein Vater war verschwunden. Seither habe ich ihn nicht mehr gesehen.“ Wenn Lisa von ihren Erfahrungen spricht, entsteht der Eindruck, dass das kleine Mädchen selbst nicht ganz begreift, was ihm widerfahren ist. Gemeinsam mit anderen Kindern wartet es in einem Auffanglager des Roten Kreuzes in Belgien auf seine Anerkennung als Flüchtling. „Es ist aber keine triste Lagergeschichte“, so die Festivalleiterin.

„Früher mochte ich das Meer“. Die Doku ist für Kids ab neun Jahren.
„Früher mochte ich das Meer“. Die Doku ist für Kids ab neun Jahren. Elmer van der Marel

Bücher im Kühlschrank. Ernst, aber nicht traurig ist ein Film, der sich mit dem Thema Demenz auseinandersetzt: „Romys Salon“: Weil ihre Mutter einen neuen Job hat, muss Romy die Nachmittage bei ihrer Großmutter in deren Frisiersalon verbringen. Anfänglich leidet sie unter der strengen Frau, aber bald stellt sich heraus, dass Romys Oma Termine versäumt, ihren Tagesumsatz nicht mehr zusammenrechnen kann oder Bücher in den Kühlschrank legt. Als Romys Eltern die Großmutter in ein Heim bringen, fasst das Mädchen einen wahnwitzigen Plan . . .

Lassachers persönlicher Lieblingsfilm des heurigen Festivals ist „Daniel“ von der französischen Regisseurin Marine Atlan. „Es ist ein filmisches Gedicht“, meint Lassacher. Der Film handelt von einer Schulklasse, die für eine Tanzaufführung probt. Als sich Daniel die Gelegenheit bietet, seiner Mitschülerin Marthe beim Umziehen zuzusehen, kann er der Versuchung nicht widerstehen. Er wird von Marthe entdeckt und schämt sich. „Zwischen beiden tut sich etwas. Das Gefühlschaos wird natürlich kindgerecht aufgelöst.“

Tipp

Das Kinderfilmfestival findet vom 16.–24. November im Cine Center, Cinemagic und Votiv Kino statt. Eröffnung ist am 16.  11. im Gartenbaukino. www.kinderfilmfestival.at

("Die Presse - Schaufenster", Print-Ausgabe, 15.11.2019)

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