Motorola Razr

Das Falthandy ist zurück

Knapp ein Jahrzehnt nachdem die Falthandys in den Schubladen verschwanden und durch Smartphones ersetzt wurden, bringt Motorola das Razr zurück, mit faltbarem Display.

Motorola hat dem Klapphandy neues Leben eingehaucht. Das faltbare Device geht dabei einen anderen Weg als Samsung und Huawei. Das Motorola Razr ist ein Handy im Miniformat, das sich ausgeklappt als 6,2 Zoll großes Smartphone nutzen lässt. "Die Presse" konnte das Gerät testen.

Motorola blickt in seinem knapp 90-jährigen Bestehen auf eine bewegte Vergangenheit zurück. Sie waren 1930 die ersten mit einem Autotelefon, dann 1983 präsentierten sie das DynaTac, das erste Mobiltelefon. Sechs Jahre später dann das kleinste Mobiltelefon und 1992 das erste GSM-Telefon. Mit dem Razr V3 gelang dem Unternehmen 2003 ein weiterer Coup. Das Klapphandy verkaufte sich weltweit 130 Millionen Mal. Für damalige Verhältnisse ein Riesenerfolg. Lange Zeit war es auf der Liste der meistverkauften Geräte auf Platz sechs.

(c) Die Presse/ Barbara Steinbrenner

Razr, das sich ableitet vom englischen für Rasierklinge (Razor), erhielt seinen Namen aufgrund seiner Form. 15 Jahre später ist es Zeit für ein Revival, mit aktueller Technologie und faltbaren OLED-Panels will Motorola "Innovationen vorantreiben", erklärt Renata Altenfelder von Motorola gegenüber der "Presse".

"Das Razr wurde wieder erfunden für die heutige Zeit", führt sie weiter aus. Für die Entwicklung hat man sich Zeit gelassen. Das Lenovo-Tochterunternehmen begann bereits 2015 mit der Arbeit an dem Gerät. "Es ist eine gemeinsame Produktion von Motorola und Lenovo Research“, erklärt Altenfelder.

Technisch nicht die Oberliga

"Es war nicht unser Grundgedanke, das Razr neu auf den Markt zu bringen", führt Motorola-Designer Paul Pierce weiter aus. Mehr als 26 Prototypen wurden gebaut und intern sowie extern getestet. Motorola sei aufgrund des Feedbacks zu dem Schluss gekommen, dass ein horizontal faltbares Device den Wünschen der Kunden am ehesten entspreche und das Razr den höchsten emotionalen Bezug herstelle.

Entstanden ist aus dieser mehrjährigen Arbeit ein Gerät, das ein 2,2 Zoll großes Display mit einer Auflösung von 800 x 600 Pixel bietet. Aufgeklappt weist es ein 6,2 Zoll großes Display auf, mit folgenden Abmessungen: 72 x 172 x 6,9 Millimeter. Geschlossen sind es lediglich 72 x 94 x 14 Millimeter. Klein bedeutet aber nicht leicht, denn mit 205 Gramm bringt es ordentlich Gewicht auf die Waage und in die Hand. Das ist deutlich im Miniformat spürbar.

(c) Die Presse/ Barbara Steinbrenner
(c) Die Presse/ Barbara Steinbrenner

Im Smartphone-Format ist es nicht komplett gerade. Ein 178 Grad Winkel soll verhindern, dass Nutzer es überbiegen. Das "Kinn", wie Motorola es nennt, beherbergt Antennen, Mikrofone und weitere Module. Dass es etwas dick geraten ist, verteidigt Motorola damit, dass es damit auch ein guter Bereich sei, um das Gerät zu halten und der restliche Bereich sehr flach gehalten werden konnte.

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Das stimmt zwar, aber den unteren Rand des Touchdisplays erreicht man damit schwerer. Besonders der Home-Button lässt sich hier meist nur seitlich erreichen. Das Gerät liegt aber überraschend gut in der Hand. Es ist sehr gut ausbalanciert und bekommt kein Übergewicht. Damit das der Fall ist, wurde der Akku zweigeteilt.

Die Hauptschwachstelle eines jeden faltbaren Geräts liegt im Scharnier. Samsung musste das Galaxy Fold wieder zurück holen, nachdem es sich als Einflugsschneise für Staub und Schmutz erwies. Das von Huawei als Falcon-Wing bezeichnete Scharnier machte bei den Prototypen scharrende Geräusche.

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Außerdem ist der Bildschirm, der nicht von Glas geschützt wird, im ausgeklappten Zustand länger. Das soll verhindern, dass das OLED-Display mit der Zeit reißt oder sich verzieht. Motorola hat das so gelöst, dass sich beim Falten das Display in eine Nische schiebt. Damit ist den Ingenieuren auch gelungen, dass das Razr fast zu 100 Prozent schließt und keine Lücke aufweist.

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Lenovo, das mit seinen 360-Grad-Yoga-Geräten bereits einiges an Erfahrung mitbringt, entwickelte ein Scharnier, das aus Edelstahlplatten besteht. Das Auseinanderfalten geht geräuschlos vonstatten, wenn auch schwerfällig. Bis man den Daumen in den kaum vorhanden Spalt geschoben hat, braucht es einerseits Übung und auch ein bisschen Kraft im Daumen. Das typische Klappgeräusch beim Zuklappen bleibt aber aus.

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Zahlen, wie oft sich das Gerät öffnen und schließen lässt, nennt Motorola nicht. "Wir geben eine zweijährige Gewährleistung aus und wir sind zuversichtlich, dass es das auch aushält", erklärt Motorola auf Nachfrage.

Retro-Launcher bringt altes Design zurück

Das Razr ist auf den ersten Blick eine gelungene Wiederbelebung eines Handys. Um diese Retro-Gefühle zu bedienen, gibt es im Benachrichtigungscenter (vom oberen Rand des Displays nach unten wischen), wo sich auch Taschenlampe und Flugzeugmodus befinden, einen Retro-Modus. Dann erscheint ein Tastenfeld, über das sich wählen lässt. Der obere Bereich des Bildschirms zeigt die alten App-Symbole, ist aber ansonsten nicht steuerbar.

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Bei der technischen Ausstattung hat sich Motorola, abgesehen von der Displaytechnologie, nicht für die Oberliga entschieden. Zwar bietet das Gerät sechs Gigabyte Arbeitsspeicher, aber beim Prozessor hat man sich für den Qualcomm Snapdragon 710 entschieden. Der in Topmodellen verbaute 855 Prozessor zeichnet sich hingegen durch 30 bis 40 Prozent mehr Effizienz aus. Im ersten Test konnten aber keine Schwächen festgestellt werden. Das Gerät reagiert zackig auf Eingaben, öffnet ohne Verzögerungen Apps. Ein Gaming-Smartphone ist das Razr aber mit den Spezifikationen wahrlich nicht.

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Das Smartphone im Hosentaschenformat bietet einen 128 Gigabyte großen Speicher, der nicht erweiterbar ist. "Es ist kein Fünkchen Platz mehr in dem Gerät", erklärt ein Motorola-Sprecher auf Nachfrage. Auch aus diesem Grund habe man sich für eine eSIM entschieden. Wer in Österreich das Gerät anbieten wird, ist noch unklar.

Der zweigeteilte Akku bietet eine Kapazität von 2510 mAh und soll "den ganzen Tag halten". Das verspricht keine große Ausdauer. Motorola argumentiert, dass sich mit den zwei Displays das Nutzerverhalten signifikant ändere. Kleine Dinge, wie Abheben und Antworten auf SMS erledige man binnen kürzester Zeit nur mehr auf dem kleinen Display. Das sei sehr Akku-schonend. Das zeigten interne Tests. Ausgeliefert wird das Razr mit einem fast puren Android (Version 9.0).

Mit 1600 Euro ist das Smartphone günstiger als das Galaxy Fold (2000 Euro) und das Mate X (2300 Euro). In Deutschland, Großbritannien und den USA kann es bereits ab Dezember vorbestellt werden. In Österreich ist ein Verkaufsstart "in der ersten Jahreshälfte 2020" geplant.

An wen richtet sich Motorola mit dem Razr? An all jene, die ein großes Smartphone nutzen wollen, es aber auch bequem in die Hosentasche packen wollen. Und natürlich auch an all jene, die bereits das ursprüngliche Klapphandy besaßen.

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