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Mord an Weizsäcker: Wahnhafter Hass auf die ganze Familie?

Die Schlosspark-Klinik in Berlin-Charlottenburg.
Die Schlosspark-Klinik in Berlin-Charlottenburg.REUTERS
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Bei einem Vortrag in Berlin wurde Fritz von Weizsäcker von einem Angreifer tödlich verletzt. Medienberichten zufolge hatte der Verdächtige einen Hass auf dessen Vater, den verstorbenen deutschen Ex-Präsidenten.

In einer Berliner Privatklinik ist der Chefarzt Fritz von Weizsäcker, Sohn des früheren Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker, während seines Vortrags „Fettleber - (K)ein Grund zur Sorge“ erstochen worden. Laut einer Polizeisprecherin wurde er am Dienstagabend plötzlich von einem Mann angegriffen. Zu dem Vortrag waren etwa 20 Zuschauer gekommen.

Potenziell lebensgefährlich verletzt worden sei ein 33 Jahre alter Polizist, der außerhalb seines Diensts privat unter den Zuhörern saß und den Angreifer überwältigen wollte. Nach einer Operation soll der Beamte wieder außer Lebensgefahr sein. Der 59-jährige von Weizsäcker starb noch vor Ort. Der Tatverdächtige wurde festgenommen.

Täter vor Ort von Polizei festgenommen

Mehrere Menschen aus dem Publikum halfen laut Polizei, den Täter zu überwältigen und bis zum Eingreifen der Polizei festzuhalten. Eine Mordkommission nahm Ermittlungen auf. Der Angreifer hat nach ersten Erkenntnissen im Wahn gehandelt.  Wie der Sprecher der Berliner Staatsanwaltschaft, Martin Steltner, sagte, begutachtete noch am Mittwoch ein Psychiater den Angreifer. Nach dem vorläufigen Ergebnis hat dieser eine akute psychische Erkrankung. Deshalb sei auf einen Antrag auf Haftbefehl verzichtet und die Unterbringung beantragt worden.

Nach Angaben der Generalstaatsanwaltschaft reiste der spätere mutmaßliche Mörder aus seiner Heimat in Rheinland-Pfalz am Dienstag mit dem Zug nach Berlin zu diesem Vortrag. Er soll "in einer wohl wahnbedingten allgemeinen Abneigung" gegen die Familie von Weizsäcker gehandelt haben. So soll er im Vorfeld der Tat im Internet recherchiert haben und dabei auf den Vortrag gestoßen sein. Bevor er startete, soll er sich noch in Rheinland-Pfalz das spätere Tatmesser gekauft haben.

"Es gibt keine persönliche Beziehung zwischen dem Beschuldigten und dem Getöteten", sagte Steltner. Details zu der allgemeinen Abneigung des Verdächtigen gegen die Familie von Weizsäcker wollte Steltner nicht nennen. Der Tatverdächtige soll vor der Attacke polizeilich nicht aufgefallen sein.

In einem Artikel des „Spiegel“ ist zu lesen, dass der Tatverdächtige eine Abneigung gegen den Vater von Fritz von Weizsäcker gehabt hätte. Es gehe um dessen Tätigkeiten beim Chemiekonzern Boehringer Ingelheim.

Private Klinik lädt immer wieder zu Vorträgen

Der Vorfall ereignete sich gegen 18.50 Uhr in der privaten Schlosspark-Klinik in der Nähe des Charlottenburger Schlosses. Fritz von Weizsäcker war nach Stationen in Freiburg, Boston und Zürich seit 2005 Chefarzt der Abteilung Innere Medizin I an der Schlosspark-Klinik. Am Dienstagabend soll der Angreifer zunächst im Zuschauerbereich den Vortrag fast bis zum Schluss verfolgt haben. Er sei dann zum Podium gegangen und soll dort von Weizsäcker in den Hals gestochen haben - dieser starb noch am Dienstagabend an den Folgen des Stichs.

In der Klinik gibt es laut Website regelmäßig Veranstaltungen, die sich in der Regel an interessierte medizinische Laien wenden, die etwas über Erkrankungen, deren Diagnose und Therapiemöglichkeiten erfahren möchten.).

Die Klinik liegt am Schlosspark Charlottenburg. Sie hat nach Angaben auf ihrer Website rund 340 Betten. Es gibt Fachabteilungen unter anderem für Ästhetisch-Plastische Chirurgie, Neurologie, Orthopädie, Psychiatrie und Innere Medizin (Gastroenterologie und Kardiologie). Von Weizsäckers Vater Richard von Weizsäcker war von 1981 bis 1984 Regierender Bürgermeister von Berlin und von 1984 bis 1994 Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland. Er starb am 31. Jänner 2015.

Seine Schwester, Beatrice Weizsäcker, drückte ihre Trauer auf Instagram mit einem Bild eines Kreuzes aus und schrieb auf eine Beileidsbekundung: „Danke - wir können es weder fassen noch glauben.“ 

Kurz nach der Tat drückte FDP-Chef Christian Lindner im Kurzbotschaftendienst Twitter seine Trauer aus: "Mein Freund Fritz von Weizsäcker wurde heute Abend in Berlin erstochen - ein passionierter Arzt und feiner Mensch." Er sei "fassungslos" und müsse "meine Trauer teilen".

Deutsche Regierung entsetzt

Die deutsche Regierung hat bestürzt auf die Tötung des Mediziners reagiert. Dies sei "ein entsetzlicher Schlag für die Familie von Weizsäcker", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Mittwoch in Berlin. "Die Anteilnahme der Bundeskanzlern und der Mitglieder der Bundesregierung insgesamt geht an die Witwe und die ganze Familie."

Auch ein Sprecher des Bundesinnenministeriums sagte, der tödliche Messerangriff auf von Weizsäcker sei "mit Entsetzen" zur Kenntnis genommen worden. Zu möglichen Schutzmaßnahmen für Angehörige früherer Bundespräsidenten wollte er auf Nachfrage keine Angaben machen.

>> Der Artikel im „Spiegel"

(APA/DPA)

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